Geheimniskrämerei um Barcode-Nachfolger
Während unabhängige Industriebeobachter die schnelle Etablierung von Funkchips [RFID] als Barcode-Nachfolger für Massenkonsumgüter zuletzt eher anzweifelten, da die Technologie noch nicht ausgereift und zuverlässig sei, scheint vor allem die größte US-Supermarktkette Wal-Mart ihre RFID-Pläne unbeirrt und mit hohem Tempo voranzutreiben:
Angeblich hat der Konzern für die Einführung ein Budget von drei Milliarden USD vorgesehen und führt auch schon still und heimlich Feldversuche durch.
Die entsprechenden Informationen stammen dabei nicht aus offiziellen Quellen, sondern sind jeweils an die Presse durchgesickert und wurden im Zweifelsfall im Nachhinein bestätigt, was die Skepsis von Daten- und Konsumentenschützern zu bestätigen scheint.
Die 100 wichtigsten Lieferanten des Unternehmens müssen zum 1. Jänner 2005 ihre Waren mit RFID-Chips versehen, sonst droht ihnen der Verlust ihres wichtigsten Kunden.

Geheime Tests
Zwar hatte Wal-Mart im Sommer nach Konsumentenprotesten einen Rückzieher bezüglich eines RFID-Feldtests mit Gillette-Rasierklingen gemacht. Wie jetzt durch die Indiskretion eines Angestellten bekannt wurde, testet die Kette den Einsatz der Funkchips aber auch an anderen Produkten:
Demnach wurden auch Lippenstifte von Procter & Gamble in einem Supermarkt in Oklahoma mit RFIDs versehen und die entsprechenden Regale über Webcams beobachtet. In der Folge wurde der Weg der Lippenstifte aus dem Geschäft mittels der Funkchips verfolgt.
Obwohl der Test zunächst relativ harmlos erscheint, haben sich die Wal-Mart-Verantwortlichen dafür entschieden, ihn heimlich durchzuführen. Erst nachdem ein Angestellter der "Chicago Sun-Times" davon berichtet hatte, bestätigte der Konzern den Test.
Konsumentenschützer befürchten, dass die an sich unbedenklichen Tests erst die Vorstufe für eine umfassende Überwachung von Konsumgütern sind, die mit individuellen Erkennungsnummern versehen vom Geschäft bis zur Müllhalde verfolgt werden könnten.
Mit EPC [Electronic Product Code] soll es möglich sein, jeder einzelnen Cola-Dose eine eigene Erkennungsnummer zu geben und sie damit zu verfolgen.

Milliardeninvestition
Genauso bedeckt wie bei den Feldtests gibt sich Wal-Mart bei seinen finanziellen RFID-Plänen - und diese sind beträchtlich und machen den Druck deutlich, mit dem die Technologie eingeführt werden soll.
Laut "Cnet" berichten die üblichen "gut informierten Kreise" von einem Investitionsvolumen von rund drei Milliarden USD, die in den nächsten Jahren allein von Wal-Mart für die Einführung des RFID-Systems vorgesehen sind.
Dabei sollen zwei Mrd. auf die Installation von RFID-Lesegeräten in 100 Vertriebszentren und mehreren tausend Supermärkten entfallen und rund eine Mrd. auf Hard- und Software, welche die resultierenden Daten verarbeiten und auswerten soll.
Die Investitionsfreudigkeit dürfte vor allem die Hersteller der entsprechenden Infrastruktur erfreuen, zu der auch die großen Software-Produzenten für Business- und Logistik-Software wie IBM, Sun, SAP und Oracle gehören.

Beobachter skeptisch
Laut unabhängigen Analysten kämpft die RFID-Technologie für den Massenmarkt derzeit allerdings noch mit einer Reihe von Problemen:
Vor allem die teilweise beschränkte Einsatzfähigkeit der Funkchips und der Preis stellen demnach eine große Hürde für den Masseneinsatz dar.
Derzeit bereite vor allem die Übertragung der gespeicherten Information noch Probleme. So lassen sich die Informationen nicht durch Flüssigkeiten oder Metall auslesen, andere Materialien würden Störungen verursachen. Auch wisse man noch nicht, was passiert, wenn die Produkte eingeschweißt werden.
