Erfurter spielen wieder Counter-Strike
Rund 60 Jugendliche haben sich am Pfingstwochenende in Erfurt das umstrittene Computerspiel "Counter-Strike" gespielt.
Das Spiel war nach dem Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium, bei dem Ende April 17 Menschen starben, in die Kritik geraten. Der Todesschütze soll angeblich ein großer Counter-Strike-Fan gewesen sein.
"Bei dem Spiel geht es nicht darum, Leute zu töten", betonte hingegen Jens Pfotenhauer, Organisator der Erfurter LAN-Party [Netzwerkparty].
Blut und Waffen ausgeblendet
Viele der Spieler hätten in ihren Spielmodi Blut und Waffen
ausgeblendet. Diese Grafik irritiere, sagt Pfotenhauer. Ebenso
würden viele Computerspieler nicht auf Menschen zielen. Pfotenhauer,
der im Spiel den Spitznamen "Indi" trägt, sieht beispielsweise als
Zielscheiben eine Mischung aus einer Ente und den "Simpsons", die in
Kampfuniformen stecken.

"Niemand wird zum Einzelgänger"
Konzentriert hat der Erfurter seine Augen auf ein kleines Fadenkreuz auf dem Monitor geheftet. Um ihn herum summt die mehr als 100.000 Euro teure Computertechnik.
Über einen Kopfhörer empfängt er Befehle von seinem Mitspieler, der ein paar Tische weiter sitzt. "Das Spiel macht niemandem zum Einzelgänger", sagt Christian Kraege.
"Man spielt es im Team und muss miteinander kommunizieren." Die Jugendlichen hatten lange diskutiert, ob sie die LAN-Party von Samstag bis Sonntag austragen.
"Von uns hat jeder getrauert"
"Was nun?" hatte ein Mitglied auf der internen Homepage gefragt
und eine Auseinandersetzung angeregt. "Von uns hat jeder getrauert.
Manche haben geweint. Andere waren still und wieder andere haben
sich unterhalten", sagt Pfotenhauer. "Warum aber sollen wir auf die
Party verzichten? Wir sind nicht gewalttätig."

"Spiel ist nicht für 17 Tote verantwortlich"
Counter-Strike-Fan Matthias Hinkelmann ist der Diskussionen um die Beweggründe des Todesschützen müde.
"Das Spiel ist nicht für 17 Tote verantwortlich", sagt er und fügt hinzu: "Ich habe von dem Thema wirklich genug." Seine beste Freundin habe in der Aula des Gutenberg- Gymnasiums gesessen. Er sei auf so vielen Trauerfeiern gewesen, dass er das Ereignis nie vergessen werde.
"Es geht nicht mehr. Ich kann das Thema nicht mehr hören."
"Richtiger Entscheid der BPjS"
Nach Meinung der Computer-Freaks hat die Bundesprüfstelle für
jugendgefährdende Schriften richtig entschieden, das Schießspiel
nicht auf den Index zu setzen. "Viele wissen doch gar nicht, worum
es bei LAN-Partys geht", sagt Kraege. Vor allem seine Großeltern
hätten durch die Medien ein falsches Bild von LAN-Partys bekommen.
"Wir essen zusammen Pizza, trinken Cola und quatschen", so
beschreibt er die Partys.

20 Clans in Erfurt
Die Computerfreaks glauben, dass der Amoklauf den Spielgeist nicht beeinflussen wird. Allein in Erfurt gebe es rund 20 Spielgemeinschaften, so genannte Clans. Im Internet sowie bei LAN-Partys spielen sie um Punkte.
"Es geht um die Spielerehre", so versucht Torsten Breitag zu erklären, warum er zur Party gekommen ist. Die Clanmitglieder seien weder Einzelgänger noch Waffennarren.
"Das große Beben" abgesagt
"Die meisten hier wissen nicht, wie sie eine Waffe entsichern.
Uns interessiert das nicht", sagt ein anderer Junge. Die für Anfang
Mai geplante Erfurter LAN-Party "Das große Beben" ist nach dem
Amoklauf aus Gründen der Pietät abgesagt worden. Es waren mehr als
1000 Spieler erwartet worden.
