Selbstmorde nach Mobbing bei der Telekom
Das Klima zwischen dem Vorstand und den Beschäftigten der Telekom Austria [TA] scheint sich kontinuierlich zu verschlechtern - wenn nicht sogar zu vergiften.
Nachdem es in letzter Zeit schon heftige Kritik am "unmenschlichen Personalabbau" seitens der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten gegeben hatte und dabei gestern auch schon von Mobbing als Mittel zum Personalabbau die Rede war, kursieren jetzt Nachrichten von Selbstmorden nach gezieltem Mobbing und vom Einsatz "junger, dynamischer Mitarbeiter", die Telekom-Beamte aus dem Betrieb ekeln sollen.
Jenseits der Frage, ob die entsprechenden - teilweise anonym getätigten - Vorwürfe zutreffen oder nicht, sind sie alarmierende Zeichen für das Klima im Unternehmen.
15.000 TA-Mitarbeiter ausgegliedert
Mit 1. November 2000 wurden alle TA-Mitarbeiter in die neu
gegründete 100-prozentige Tochter Telekom Austria Personalmanagement
GmbH, kurz TAP genannt, ausgegliedert, die als Vehikel für den
Personalabbau dienen soll. Zwei Drittel der ausgegliederten
Mitarbeiter sollen nun in das Kerngeschäft der TA rückgeführt
werden, das restliche eine Drittel über sieben verschiedene Modelle
abgebaut werden.

Mobbing und Selbstmorde
Laut einem Arbeitsmediziner, der sich bei der APA gemeldet hat, aber nicht öffentlich genannt werden wollte, würden TA-Mitarbeiter gezieltem Mobbing ausgesetzt.
Der Druck und der plötzliche Verlust des Arbeitsplatzes habe bereits mehrere TA-Mitarbeiter in den Selbstmord getrieben, sagte der Arzt. Die "unglaublichen Zustände" gäben aus medizinischer Sicht Anlass zu größter Sorge.
Laut Postgewerkschafter Robert Wurm haben sich dieses Jahr "bereits drei Kollegen das Leben genommen", der Arzt spricht von noch mehr.
Der Arbeitsmediziner berichtet zudem von TA-Mitarbeitern, die binnen Stunden zum Verlassen des Arbeitsplatzes aufgefordert und danach unter eine "Art Hausarrest" gestellt würden.
Bei vollen Bezügen müssten diese zur Vermittlung neuer Posten zwischen 8.00 und 12.00 Uhr zu Hause sein, sagte der Arzt zur APA. Wurm bestätigte das: Es müssten die Betroffenen Abschläge von 40 Prozent hinnehmen, da sie um die Zuschläge umfallen. Sollten die betroffenen Mitarbeiter über keinen privaten Telefonanschluss verfügen, würden ihnen sogar Pager zur Verfügung gestellt. Mit eigenem Handy könne man allerdings die eigenen vier Wände auch verlassen, hört man aus Mitarbeiterkreisen.
Dynamische Mobbing-Kräfte
Der Arbeitsmediziner berichtete außerdem, dass "junge, dynamische Mitarbeiter" eigens zum Zweck des Mobbings von Telekom-Beamten eingestellt würden.
Ihm seien Fälle bekannt, wo auch diese Mitarbeiter selbst kurze Zeit später ihre Arbeitsplätze verlören, "um die Spuren zu verwischen".
Aus diesem Grunde würden Kündigungen, Freistellungen oder Entlassungen auch nicht mehr in schriftlicher Form übermittelt, sondern nur noch mündlich. Solche Methoden bestätigte auch Gewerkschafter Wurm.

Dementi
TA-Sprecher Bredl weiß von zwei Selbstmorden im Umfeld der TA, weist aber einen Zusammenhang mit der aktuellen Personalsituation zurück.
Der eine Mitarbeiter sei von Personalkürzungsmaßnahmen in keinster Weise betroffen gewesen, der andere habe sich bereits in den Vorruhestand zurückgezogen gehabt.
Unternehmenssprecher Bredl betonte, dass für Härtefälle Kriseninterventionszentren und Informationswochen mit Experten eingerichtet worden seien.
Außerdem stünden Kontaktpersonen für Beratung zur Verfügung. Grundsätzlich könne das Unternehmen aber nicht warten, bis jene Mitarbeiter, für die künftig kein Platz im Unternehmen mehr sei, freiwillig gingen, so Bredl.
Gewerkschaft plant Menschenkette um die TA-Zentrale
Die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten plant für
heute eine Menschenkette um die Unternehmenszentrale der Telekom
Austria. Sie will damit auf die "menschenverachtenden Zustände" im
Zuge des Personalabbaus aufmerksam machen.

