30.06.2005

ZOMBIES

Tod und Wiedergeburt der Tauschbörsen

Auf das Urteil hat man anscheinend nur gewartet: Nun hat auch Sony BMG einen Vertrag mit der legalen Tauschbörse Mashboxx, geführt vom ehemaligen Grokster-Präsidenten Wayne Rosso, unterschrieben.

Anders als bei den derzeit populären P2P-Netzen [Peer-to-Peer] müssen die User für Songs des Labels jedoch zahlen, und zwar 99 US-Cent pro Lied.

Im Gegensatz zu Apples iTunes, wo ein Lied ebenso viel kostet, können die Nutzer bei Mashboxx ganze Songs gratis anhören. Die Anzahl der Hörproben ist allerdings limitiert.

Mashboxx arbeitet mit der Technologiefirma Snocap unter der Leitung von Shawn Fanning zusammen.

Fanning gründete auch die "Urmutter" aller Tauschbörsen, Napster, die nun unter anderer Leitung als kostenpflichtiger Online-Shop für Musik weitergeführt wird.

Technische Absicherung

Die Industrie scheint durchaus auf das Image der Tauschbörsen zu setzen, allerdings nach ihren Regeln. So hofft der Chef von Sony BMG, Andy Lack, dass alle Tauschbörsen auf Technologien wie jene von Snocaps digitalem "Fingerabdruck" umsteigen.

Es gebe viele verschiedene Technologien, um Filesharing-Systeme zu legitmieren, so Lack. Allerdings hätten die Anbieter das Urteil abgewartet, bevor sie an den Verhandlungstisch kommen wollten.

Bisher hatte sich die Musikindustrie allerdings auch dagegen gewehrt, dass bereits populäre und nun "verurteilte" Tauschbörsen wie Grokster und Betreiber wie Streamcast die Lieder in ihren P2P-Netzen zum Kauf anbieten.

Die Industrie verlangte, dass diese das Tauschen von urheberrechtsgeschützten Songs technisch unterbinden, was die Betreiber wiederum ablehnten.

Imagepflege mit Tauschbörsen

Weitere Angebote stehen ebenfalls in den Startlöchern. Bei IMesh sollen die User Zugang zu mehr als 15 Millionen Songs aus dem Gnutella-Netzwerk haben, so Gründer Talmon Marco.

Davon soll ein Teil frei sein, das heißt, die Copyright-Inhaber haben IMesh nicht aufgefordert, die Songs zu blockieren, berichtet die "LA Times". Der Rest soll wie bei Mashboxx voraussichtlich kostenpflichtig werden, entweder auf Songbasis oder im Abo.

Um die Leute zu überzeugen, statt eines Gratis-Angebots ein kostenpflichtiges Service in Anspruch zu nehmen, müssten die Firmen aber erst verstehen, warum Tauschbörsen überhaupt genutzt werden, meint der Chef von Ruckus, William Raduchel.

Laut einer Umfrage unter College-Studenten, die das Service vor allem nutzen sollen, wollen die User nicht nur unterhalten werden, sondern auch ihre Playlists tauschen können, ihre Identität begründen, Freunde finden und sich Geltung verschaffen.

Gratis oder kostenpflichtig?

Ob alle diese Services allerdings wirklich Erfolg haben könne, solange es noch kostenlose Angebote im Netz gibt, darf bezweifelt werden. So meint der Chef von MetaMachine, die hinter eDonkey steht, dass das Urteil vom Montag keinen großen Effekt zeigen wird.

Sobald etwa eDonkey Restriktionen gegen den Willen der User einführen würde, würden diese sich der nächsten Tauschbörse zuwenden, so Sam Yagan. "Es hat keinen Sinn, Hundefutter zu produzieren, das die Hunde nicht essen wollen", so Yagan.

Unterdessen hat die Musikindustrie in den USA eine neue Klagewelle gestartet. 784 Klagen gegen Nutzer von Tauschbörsen wie Kazaa, Grokster und Limewire wurden wegen illegalen Musik-Downloads eingereicht, teilte der US-Branchenverband der Musikindustrie [RIAA] mit.