Musikindustrie sucht neue Vertriebswege
Die großen Musikkonzerne, die das Geschäft mit der digitalen Musik lange verschlafen haben, suchen nun doch zunehmend nach neuen Wegen, um mit ihrer Musik im Netz Geschäfte zu machen.
Apple hat sich mit seinem Bezahl-Angebot iTunes Music Store und dem dazugehörigen iPod-Player zum Monopolisten am digitalen Musikmarkt entwickelt. Dies missfällt der Musikindustrie, weil sich dadurch auch der Preis von 99 Cent pro Song zum Standard entwickelt hat.
Mit dem Peer-to-Peer System Snocap, das Napster-Gründer Shawn Fanning Ende 2004 eingeführt hat, sollen die Musikkonzerne nun ihre Musik zu ihren eigenen Bedingungen in Online-Shops wie auch Tauschbörsen bringen.
Nach Universal und Sony BMG hat nun der drittgrößte Musikkonzern EMI einen Lizenzdeal mit Snocap abgeschlossen.
Snocap soll eine "vertrauenswürdige dritte Partei" werden, die als Zentrum für legale digitale Musik und andere urheberrechtliche Dateien dient. Skeptiker sehen darin lediglich eine Propaganda-Strategie der Musikindustrie.

Rechteinhaber bestimmen alles selber
Die Copyright-Inhaber können dabei zur Gänze bestimmen, wie ihre Musik vermarktet wird, vom Preis angefangen über das Audio-Format bis zu der Anzahl der Kopien, die getauscht werden können.
Snocap bietet dann seine zentrale Datenbank jenen Online-Händlern und P2P-Betreibern an, die ihre Software auf Snocap abstimmen. Die Software erkennt digitale Musikstücke anhand einer typischen Audio-Signatur, die wie eine Fingerabdruck funktioniert.
So könnte ein Label etwa eine neue Single zu Marketingzwecken gratis vertreiben oder das dreimalige Abspielen erlauben, bevor der Nutzer zur Kasse gebeten wird.
"Das ist ein klares Signal an unsere Kritiker, die behaupten wir seien technophob. Wenn wir eine Technologie unterstützen, dann etwas wie Snocap, womit die P2P-Community Musik legal tauschen kann", so der US-Chef von EMI, David Munns.
Die kommerziellen Betreiber sollen sich durch Snocap langwierige Lizenz-Verhandlungen mit den Labels ersparen. Auf Snocap setzt etwa das "authorisierte" P2P-Service Mashboxx, das noch in diesem Monat eine erste Testversion auf en Markt bringen will.

Verunsicherte und frustrierte User
Nach den Klagen gegen P2P-User und die Betreiber der populären Tauschbörsen sind viele Nutzer verunsichert.
Doch auch die bestehenden legalen Download-Angebote stellen viele aufgrund unzureichender Soundqualität und der durch den Kopierschutz eingeschränkten Nutzung nicht zufrieden.
Wenn es die Musikindustrie mit Snocap schafft, dem Nutzer ein faires Bezahl-Angebot mit P2P-Feeling anzubieten, könnte ein solches Modell zu diesem Zeitpunkt durchaus auf fruchtbarem Boden landen.