Windows XP verärgert Kartellwächter
Microsoft droht neues Ungemach in der Folge des US-Kartellprozesses: Dem Konzern werden zwar generell Fortschritte bei der Erfüllung der Auflagen zugebilligt, die mit der gütliche Einigung mit dem US-Justizministerium und den meisten ehemals klagenden Bundesstaaten verknüpft sind, aber eine Funktion von Windows XP sorgt jetzt für ernsthaften Unmut bei den Wettbewerbshütern.
Dabei geht es um eine direkte Verknüpfung namens "Shop for Music Online", die Windows XP in allen als Musik-Ordnern definierten Dateien anzeigt. Bei einem Klick auf die "Shop"-Funktion öffnet sich automatisch der Internet Explorer, auch wenn der Nutzer vorher explizit einen Browser ausgewählt hat.
Nach dem Öffnen des Explorers wird der Nutzer zur Site "Windowsmedia.com" geführt, die von Microsoft betrieben wird und auf der Online-CD-Händler wie CDNow vertreten sind.
Diese Verknüpfung wird von der Wettbewerbshütern als ernsthafter Verstoß gegen die Auflagen der Einigung angesehen und könnte zu einer Verschärfung der Auflagen durch das zuständige Gericht führen.
Das ursprüngliche US-Kartellverfahren gegen Microsoft läuft derzeit auf einen hartnäckigen Streit zwischen dem Konzern und einem einzelnen US-Bundesstaat hinaus. Von den 20 anfänglich vertreten US-Bundesstaaten ist seit Mitte Juli nur noch Massachusetts gegen den außergerichtlich getroffenen Vergleich.

Umkämpfter Musikmarkt
Das zuständige Gericht schätzt den Fall der "Shop for Music Online"-Verküpfung mit dem Internet Explorer auf jeden Fall als so wichtig ein, dass es ein dreiköpfiges technisches Beratergremium ins Leben rief, das die Angelegenheit näher untersuchen soll.
Microsoft sieht die Funktion unterdessen voll im Rahmen der Auflagen aus der Einigung, versprach aber auch seine volle Kooperation in der Sache.
Der Streit bezieht sich dabei ausgerechnet auf den Online-Verkauf von Musik, ein Bereich, in dem immer noch große Potenziale vermutet werden und der daher besonders umkämpft ist:
Erst Anfang der Woche kritisierte Dave Fester, Chef der Windows Digital Media Division, Apples erfolgreiches Download-Service iTunes und die dazu gehörende Software als zu eingeschränkt und prophezeite, dass sich der Microsoft-Musik-Player als Standard für Download-Plattformen durchsetzen werde.
Für Windows-Nutzer ist das iTunes-Service laut Fester ein Rückschritt, weil Windows-Nutzer "Auswahl bei Musik-Services, Auswahl bei den Playern und eine besonders große Auswahl bei der Musik" erwarten würden.

Anstrengungen angemahnt
Der Disput über die Musik-Shop-Verknüpfung ist unterdessen nur ein Punkt, der im zweiten Zwischenbericht zur Auflagenerfüllung nach der außergerichtlichen Einigung, der am Montag veröffentlicht wurde, zur Sprache kommt.
Des Weiteren wird Microsofts Programm zur Lizenzierung von Netzwerkprotokollen, welche die Zusammenarbeit zwischen Windows-Clients und -Servern regeln, kritisch beurteilt.
Microsoft hat hier zwar die Bedingungen vereinfacht, allerdings haben erst acht Firmen entsprechende Lizenzen erworben, und diese beziehen sich in der Regel auf "spezialisierte Produkte", was den Unmut der Kartellwächter erregt.
Das zuständige Gericht behält sich daher auch in dieser Sache eine weitere Verschärfung der Auflagen vor.
Unterdessen hat Microsoft im EU- Kartellverfahren wegen möglicher Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung auf die Vorwürfe der EU-Kommission reagiert. Im Streit über die Koppelung des Betriebssystems Windows mit der Audio- und Video-Wiedergabe-Software Media Player will MS der Kartellbehörde offenbar einen Kompromiss anbieten.
