"Der Sarg der Videospiele-Industrie"
Anlässlich eines aktuellen Falls wird derzeit in den USA neuerlich versucht, "Gewalt-Games" für reale Gewalttaten von Jugendlichen verantwortlich zu machen.
William Bruckner, 16, und sein Bruder Joshua, 14, haben zu Protokoll gegeben, nach der Vorlage des Spiels "Grand Theft Auto" ["GTA"] gehandelt zu haben, als sie auf einer US-Bundesstraße mit einem Gewehr Kaliber 22 das Feuer auf die vorbeifahrenden Autos eröffneten. Ein Mann wurde dabei getötet, eine Frau schwer verletzt.
Ihr Anwalt Jack Thompson will nun den Hersteller von "GTA", Take Two, verklagen, weil dieser eine gewisse Mitverantwortung an der Tat tragen soll.
Laut Thompson seien zwar auch die Eltern und das Umfeld mitverantwortlich, doch seiner Meinung nach gäbe es ohne derartige Spiele weniger Morde.
"Niemand sagt, dass ein Videogame allein jemanden zum Mörder machen kann", so Thompson. Wenn ein Produkt jedoch mit einer Folge von Ereignissen verknüpft sei und ohne dieses die Tragödie nicht passiert wäre, sei der Spielehersteller haftbar, so Thompsons Argumentation.

Industrie sieht keine Korrelation
Die Entertainment Software Association [ESA] als Vertretung der Videospiel-Industrie meinte dazu, dass auch anderswo derartige Games gespielt werden würden, ohne dass dort gleich viele Gewalttaten wie in den USA passieren.
Daher müsse die Ursache woanders gesucht werden. Take Two wollte sich zu dem Fall nicht äußern.
ESA-Präsident David Lowenstein zitierte zudem das US-Gesundheitsministerium sowie die australische Regierung, die keinen glaubwürdigen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen derartigen Games und Gewalttaten finden konnten.
Angesichts der wissenschaftlichen Ergebnisse und der Tatsache, dass die Jugendlichen ungehinderten Zugang zu den Waffen hatten und die Entscheidung trafen, auf unschuldige Fahrer zu schießen, sei die Schuldzuweisung auf Videospiele fehlgeleitet und kontraproduktiv, so Lowenstein.
"Sarg zunageln"
Thompson, der in einem ähnlich gelagerten Fall in Kentucky schon
einmal verloren hat, hofft, dass die Gesetzgebung in Tennessee eine
größere Möglichkeit bietet, dass der Fall vor Geschworene kommt. In
dem Fall werde "der Sarg [der Videospiele-Industrie] zugenagelt", so
Thompson.

"GTA" ab 17 Jahren freigegeben
Eine aktuelle Online-Umfrage von Gallup unter 517 US-Teenagern zeigt zwar, dass Jugendliche, die "GTA" gespielt haben, eher Gefahr laufen, in einen körperlichen Kampf verwickelt zu werden. Die Meinungsforscher warnen jedoch davor, den Umkehrschluss zu ziehen, dass derartige Games Gewalt fördern.
Die Daten würden keine Kausalität demonstrieren, so Gallup. Es sei auch möglich, dass sich Jugendliche, die körperlichen Auseinandersetzungen zugeneigt sind, von Spielen mit gewalttätigem Inhalt auch mehr angezogen fühlen.
Der Unterschied zwischen Gamern und Nichtgamern, die in einen Kampf verwickelt worden sind, sei bei "GTA" jedoch größer als bei anderen Games.
71 Prozent haben "GTA" gespielt
Laut Umfrage haben 71 Prozent der männlichen US-Jugendlichen
zwischen 13 und 17 Jahren bereits GTA gespielt sowie 34 Prozent der
Mädchen. 34 Prozent der männlichen Jugendlichen, die im vergangenen
Jahr in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt waren, haben
demnach "GTA" gespielt, 17 Prozent haben das Spiel nicht gespielt.
Über den Rest sind keine Angaben bekannt.
