"Erschüttert, was in Österreich möglich ist"
Siemens Österreich-Generaldirektor Albert Hochleitner hat die von Innenminister Ernst Strasser [ÖVP] am Wochenende erhobenen Vorwürfe gegen Siemens wegen des Scheiterns des Behördenfunk-Projektes "Adonis" entschieden zurückgewiesen:
Die Vorwürfe gegen Siemens über schlechtes Projektmanagement und technisches Versagen seien falsch, was auch Gutachten beweisen sollten, "die derzeit unterwegs sind", sagte Hochleitner am Dienstag.
"Schlechte Projektorganisation lassen wir uns nur ungern vorwerfen und technisches Versagen hat nicht statt gefunden", betonte Hochleitner. In der seit April andauernden Testphase sei klar gewesen, dass das Netz noch verdichtet werden müsse.
Strasser hatte Siemens in einem Bericht der "Niederösterreichischen Nachrichten" vom Wochenende die Schuld am Scheitern des Projektes gegeben. Strasser hatte gemeint: "Bei einer Weltfirma wie Siemens gehe ich grundsätzlich davon aus, dass sie das, wozu sie sich technisch verpflichtet, auch einhält. Leider war das nicht der Fall. Nachdem wir dann nach einer Frist nicht zu gemeinsamen Ergebnissen gekommen sind, haben wir gesagt, so kann das nicht gehen, und es ist besser, jetzt einen Punkt zu setzen als Hunderte Millionen Euro zu verbauen."

Klage in Vorbereitung
Die angekündigte Klage von der Betreibergesellschaft master-talk, an der Siemens federführend mit 32,45 Prozent beteiligt ist, gegen die Republik Österreich werde derzeit "gut vorbereitet", berichtete Hochleitner.
Die Klage, deren Formulierung derzeit von Rechtsanwälten geprüft werde, werde spätestens bis Herbst vorliegen, der Streitwert werde in jedem Fall bei einem "dreistelligen Millionen Euro-Betrag" liegen, so Hochleitner.
Die deutsche Konzernspitze von Siemens sei indes "erschüttert darüber, was in Österreich möglich ist".
Ob sich Siemens bei einer mögliche Neuausschreibung des Adonis-Projektes wieder bewerben werde, hänge von den Ausschreibungsbedingungen ab. Eine neuerliche Bewerbung werde man sich jedenfalls "sehr genau überlegen". Sollte das Projekt erneut als PPP-Modell [Private Public Partnership] ausgeschrieben werden, sei "größte Vorsicht geboten". Vor zehn Tagen hatte auch der finnische Handyhersteller Nokia angekündigt, sich um den Adonis-Auftrag zu bewerben.

Mehr Vorwürfe
Auch Verbund-Chef Hans Haider kritisierte am Dienstag das Scheitern des Adonis-Projekts und zeigte sich überzeugt, dass die Technologie funktioniere. Nun habe man mit "größter Verwunderung" feststellen müssen, dass es jetzt auf einmal nicht funktionieren solle.
Die Republik Österreich sei bisher ein sehr verlässlicher Vertragspartner gewesen. Der Verbund ist mit zehn Prozent an master-talk beteiligt. Man könne es sich jedenfalls nicht gefallen lassen, dass Geld vernichtet werde.
Für den Verbund sei eine neue Technologie wichtig, das derzeit für die Kraftwerks-Sicherheit eingesetzte "Walky-Talky"-System laufe noch auf analoger Basis und müsse ersetzt werden.
Das Innenministerium hat vor rund drei Wochen in einer Aussendung die Auflösungen des Vertrages mit dem master-talk-Konsortium, welches das Behördenfunksystem "Adonis" entwickeln sollte und bei dem Siemens federführend ist, bekannt gegeben. Die Firma master-talk hat allerdings am gleichen Tag ihrerseits den Adonis-Vertrag mit dem Innenministerium gekündigt.

Netz war "nicht exekutivtauglich"
Adonis sei "nicht exekutivtauglich" und "unzureichend" gewesen, kommentierte der Sprecher von Innenminister Strasser, Johannes Rauch, am Dienstag die Äußerungen von Siemens-Österreich-Generaldirektor Albert Hochleitner.
Master-talk habe dem Innenministerium eine Versorgungskarte zukommen lassen, auf der einzelne lokale Punkte - etwa in Innsbruck bei der Universitätsklinik und beim Fußballstadion - mit "Abnahmebereitschaft", sprich technischer Funktionalität, gekennzeichnet waren, berichtete Rauch.
Das Innenministerium habe an diesen Punkten daraufhin die Funktionalität des Netzes getestet, der Test sei aber negativ ausgefallen: "Da war Funkstille", so Rauch. Das Adonis-Netz von master-talk habe damit "nicht den Standards entsprochen", da die Funkversorgung nicht gewährleistet gewesen sei.