Wer am Adonis-Scheitern schuld ist
Das Innenministerium hat in einer Aussendung die Auflösungen des Vertrages mit dem master-talk-Konsortium, welches das Behördenfunksystem "Adonis" entwickeln sollte, bekannt gegeben.
"Die Umsetzung des bereits seit 1997 angestrebten digitalen Funknetzes ist ein wichtiges Ziel des Innenministeriums. Ein solches einheitliches Funknetz für alle Blaulichtorganisationen muss höchsten Sicherheits- und Zuverlässigkeitsanforderungen genügen", heißt es in der Aussendung.
Der bisherige Projektverlauf habe jedoch gezeigt, dass master-talk nicht in der Lage sei, diese Anforderungen zu erfüllen. Auch das diesbezüglich durchgeführte Schlichtungsverfahren habe zu keinem Konsens geführt.
Das Ministerium löst daher auf Basis des Schlichtungsverfahrens und der abschließenden Gespräche am Mittwoch den mit master-talk geschlossenen Vertrag mit sofortiger Wirkung und behält sich die Geltendmachung sämtlicher Ansprüche, insbesondere auf Schadenersatz, vor.

Mängelliste
"Beispielhafte Gründe für die Vertragsauflösung" sind laut Innenministerium das mangelhafte Projektmanagement von master-talk, der Verzug wesentlicher Leistungen trotz Setzung von Nachfristen und deutliche technische Mängel bei erbrachten Leistungen.
Außerdem sei rund ein Jahr nach der Zuschlagserteilung die Finanzierung des Projektes nicht sichergestellt. Im Zuge der Projektumsetzung habe das Ministerium wiederholt auf diese Mängel hingewiesen. Leider sei aber keine entsprechende Behebung erfolgt.
"Unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus der bisherigen Projektabwicklung" soll nun in den kommenden Wochen geprüft werden, wie ein positiver Projekterfolg zukünftig erreicht werden könne.
Das gescheiterte Konsortium
Siemens hält an master-talk ebenso wie die Wiener Stadtwerke
einen Kommanditanteil von rund 32,4 Prozent, die Verbund Telekom
zehn Prozent und 25,1 Prozent eine zum Raiffeisen-Bereich gehörende
Capreolus Beteiligungs GmbH mit Sitz in Wien.

Master-talk kündigt zurück
Master-talk-Sprecherin Petra Jakob sagte unterdessen, dass man vom Innenministerium bisher "noch kein offizielles Kündigungsschreiben" bekommen habe. Die Firma master-talk habe aber am Donnerstag ihrerseits den Adonis-Vertrag mit dem Innenministerium gekündigt.
Da das Innenministerium beabsichtige, seine Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht einzuhalten, könnten die master-talk-Eigentümer "die daraus resultierenden finanziellen Schäden nicht mehr verantworten". Daher sehe man sich "zu diesem Rückzug gezwungen".
Der Hauptgrund für den Ausstieg sei "die wiederholte Ankündigung des Innenministeriums, für Adonis pro Endgerät pro Jahr nicht mehr als 1.000 Euro zahlen zu wollen". Für master-talk sei es unzumutbar, weiterhin in Vorleistung zu treten. 1.000 Euro Nutzungsgebühr seien aber "vertraglich nie vereinbart" worden.
Zusätzlich hätte die "durch gezielte Indiskretionen systematisch geführte Medienkampagne" seitens des Innenministeriums die Finanzierung von Adonis und die Gewinnung weiterer Kunden torpediert.
Das Innenministerium habe von master-talk außerdem über die Ausschreibung hinaus verlangt, die Leistungen zu erweitern, ohne die entsprechenden Mehrkosten bezahlen zu wollen. Offensichtlich habe das Innenministerium erkannt, dass die Ausschreibung seinen heutigen Vorstellungen hinsichtlich der Funkversorgung nicht entspreche. Weiters mache das Innenministerium "durch die massive Verletzung seiner Mitwirkungs- und Entscheidungspflichten" in der Detailplanung und -durchführung des Projektes die Verwirklichung von Adonis unmöglich und sei beispielsweise "mit der Beistellung von Standorten und des Verbindungsnetzes in vertragswidriger Weise säumig".
Rotkreuz-Präsident besorgt
Die Vertragsauflösung veranlasste Rotkreuz- Präsident Fredy Mayer bereits, sich direkt an Innenminister Ernst Strasser [ÖVP] zu wenden: Das Projekt wurde demnach "vor geraumer Zeit als modernes und zeitgemäßes Funksystem der Öffentlichkeit präsentiert, und das Österreichische Rote Kreuz entschied sich mit allen neun Landesverbänden für diese Tetra-Technologie".
Da von Seiten des Innenministeriums eigentlich schon eine Grundsatzentscheidung pro Bündelfunksystem Tetra getroffen wurde, wurden bereits geplante Investitionen in die Verbesserung des bestehenden analogen Funksystems, dessen sich das Rote Kreuz bisher bediente, nicht mehr getätigt.
"Eine weitere Verzögerung des Projektes könnte einzelne Landesverbände - die ja autonom entscheiden können - zu einem Ausscheren aus der gemeinsamen 'Tetra-Linie" veranlassen", befürchtet der Rotkreuz-Präsident.
Das könnte für den gesamten Tetra-Businessplan Konsequenzen haben, da das Rote Kreuz österreichweit etwa 8.000 Tetra-Geräte brauchte, ein nicht unwesentlicher Anteil am Gesamtprojekt. Im Interesse eines flächendeckenden Funksystems nach modernem Standard fordert das Rote Kreuz eine rasche Entscheidung zur Weiterführung des Projektes: "Das Rote Kreuz, ebenso wie andere Rettungsorganisationen, muss sich auf ein bedarfsgerechtes Funknetz zum Wohle der Österreichischen Bevölkerung verlassen können."
