
SWIFT: USA drohen mit bilateralen Verträgen
Im Streit über das Finanzdatenabkommen mit den USA (SWIFT-Abkommen) droht die US-Regierung laut einem Medienbericht mit einem Abbruch der Verhandlungen. Stattdessen könnte es bilaterale Verhandlungen geben. Auf die EU-Parlamentarier steigt nun der Druck.
Wenn das Europäische Parlament das Abkommen kippe, sei er "nicht sicher, ob die Washingtoner Behörden wieder entscheiden würden, diese Angelegenheit auf EU-Ebene zu adressieren", zitierte die "Financial Times Deutschland" ("FTD") aus einem Brief des US-Botschafters bei der EU, William E. Kennard, an die Vorsitzenden sämtlicher Fraktionen im EU-Parlament.
Das bedeutet, dass die USA nach einer Ablehnung bilaterale Abkommen mit jedem einzelnen EU-Staat anstreben. Je nach Verhandlungsstärke der EU-Staaten kann es dabei zu schlechteren Ergebnissen als dem jetzigen kommen, zudem würde das EU-Parlament völlig umgangen werden.
Laut "FTD" steigt aber nicht nur der Druck vonseiten der USA: Auch einige EU-Staaten wollen laut Bericht das Abkommen durchbringen und machen entsprechend Stimmung bei den Parlamentariern.
Abstimmung nächste Woche
Der Innenausschuss (JURI) des EU-Parlaments entschied sich in seiner Sitzung vom Donnerstag mit 29 gegen 23 Stimmen bei einer Enthaltung, kommende Woche gegen die Ratifizierung des SWIFT-Abkommens zu stimmen.
Das EU-Parlament wird voraussichtlich am 11. Februar über das Abkommen abstimmen. Es ist dabei nicht an das Votum des Innenausschusses gebunden. Die Abstimmungen in den Fachausschüssen gelten aber als wichtige Wegweiser für das Votum im Plenum.
Das aktuell umstrittene Abkommen soll bis Ende Oktober 2010 gelten. Bis dahin wollen Rat, Kommission und Parlament mit den USA eine länger gültige Vereinbarung ausgehandelt haben. Rat und Kommission hatten das Interimsabkommen am 30. November verabschiedet - einen Tag vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, der dem Parlament auch in Sicherheitsfragen ein Mitspracherecht gibt.
"Auf gleicher Augenhöhe"
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda, erklärte in einer Aussendung, das EU-Parlament sei durchaus bereit, auf die Wünsche der Amerikaner nach einer effizienteren Strategie in der Terrorismusbekämpfung einzugehen, die Datenschutzrechte der EU-Bürger müssten aber gewahrt bleiben. "Europa ist nicht der Gehilfe der USA. Die Amerikaner müssen endlich Europa auf gleicher Augenhöhe begegnen und zwar auch dem EU-Parlament, das durch den Vertrag von Lissabon gestärkt wurde."
Die Grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger, ebenfalls stellvertretende Franktionsvorsitzende, zeigte sich über die gestrige Ablehnung des SWIFT-Abkommens im Ausschuss erfreut. Man müsse jetzt aber aufpassen, "dass das Parlament nicht auf halbem Weg der Mut verlässt. Der Druck durch die USA und die Befürworter des Überwachungswahns in Europa auf die Abgeordenten nimmt zu." Europa müsse jetzt stark bleiben, um die Interessen seiner Bürger zu stärken.
Der Chef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz (SPD), hat die Warnungen aus Washington zurückgewiesen. Die Drohung, die USA könnten bei einer Ablehnung der Vereinbarung alle Verhandlungen mit der EU abbrechen, sei "unglaubwürdig", so Schulz. Bis Mitte des Jahres könne ein neues Abkommen unter Beteiligung des Europaparlaments ausgehandelt werden. Wenn die USA hingegen bilateral mit einzelnen EU-Staaten verhandelten, würde dies viel länger dauern.
(AFP/futurezone)