
EU: Innenausschuss gegen SWIFT-Abkommen
Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat mehrheitlich einem Bericht zugestimmt, der dem Plenum empfiehlt, die Ratifizierung des Finanzdatenabkommens mit den USA (SWIFT-Abkommen) abzulehnen. Die Kritiker des Abkommens sehen das Abkommen als unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der EU-Bürger an.
Der Innenausschuss (JURI) des EU-Parlaments nahm in seiner Sitzung vom Donnerstag mit 29 gegen 23 Stimmen bei einer Enthaltung den Bericht der niederländischen Abgeordneten Jeanine Hennis-Plasschaert (ALDE; Liberale) an. In dem Bericht wird dem Parlament empfohlen, auf seiner Sitzung in der kommenden Woche in Straßburg gegen die Ratifizierung des Finanzdatentransferabkommens mit den USA (SWIFT-Abkommen) zu stimmen.
Hennis-Plasschaert begründete die Ablehnung des Abkommens im Bericht unter anderem damit, dass der Rat dem Parlament nicht alle Fakten zu dem Abkommen rechtzeitig vorgelegt habe und das Abkommen unverhältnismäßig sei und in die Grundrechte der EU-Bürger eingreife. Das EU-Parlament wird voraussichtlich am 11. Februar über das Abkommen abstimmen. Es ist dabei nicht an das Votum des Innenausschusses gebunden. Die Abstimmungen in den Fachausschüssen gelten aber als wichtige Wegweiser für das Votum im Plenum.
Die Berichterstatterin sagte, dass die Abgeordneten stark unter Druck gesetzt worden seien, für das Abkommen zu stimmen.
Positionskampf in der EVP-Fraktion
"Es ist 29 zu 23 für die europäischen Bürgerrechte ausgegangen", sagte Ernst Strasser, der als einziger Österreicher dem Sicherheitsausschuss angehört, am Donnerstag zu ORF.at.
Zusammen mit Abgeordneten von CDU/CSU und anderen konservativen Parteien lehnt die österreichische EVP-Delegation das Interimsabkommen mit den USA in seiner derzeitigen Form ab. Das ist allerdings eine Minderheitsposition, denn die Mehrheit der EVP-Abgeordneten sprach sich bis jetzt für das Abkommen aus.
Das Abstimmungsergebnis zeige, so Strasser zu ORF.at, dass das Parlament dem Abkommen "außerordentlich kritisch" gegenüberstehe und dass die Einhaltung der Bürgerrechte ebenso hoch anzusetzen sei wie der Kampf gegen den Terrorismus.
Jedenfalls sei das Ergebnis ein "klares Signal an den Rat und die spanische Präsidentschaft, zu handeln. Hier muss es Nachbesserungen geben, die den vom Parlament vorgegebenen Grundlinien entsprechen."
SPE begrüßt Entscheidung
Für die Sozialdemokraten begrüßte SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried am Donnerstag in einer Aussendung die Entscheidung des Innenausschusses. Diese sei "ein wichtiger Gradmesser für die Abstimmung im Plenum in der kommenden Woche" und "ein klares Zeichen für das neue Selbstbewusstsein des Europäischen Parlaments".
Es sei zu erwarten, dass sich in der kommenden Woche auch eine Mehrheit der EVP-Abgeordneten gegen das Abkommen aussprechen werde.
Streit über Interimsabkommen
Die USA zapfen seit 2002 Daten aus der internationalen Finanztransaktionszentrale SWIFT ab. Da SWIFT seit Jänner dieses Jahres die innereuropäischen Transaktionen in seinen Rechenzentren in den Niederlanden und in der Schweiz abwickelt, sollte der Zugriff durch US-Fahnder auf diese Daten im Rahmen des Terrorfinanzierungsanalyseprogramms TFTP durch ein neues Abkommen geregelt werden.
Das aktuell umstrittene Abkommen soll bis Ende Oktober 2010 gelten. Bis dahin wollen Rat, Kommission und Parlament mit den USA eine länger gültige Vereinbarung ausgehandelt haben. Rat und Kommission hatten das Interimsabkommen am 30. November verabschiedet - einen Tag vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, der dem Parlament auch in Sicherheitsfragen ein Mitspracherecht gibt.
Obwohl das Abkommen zum 1. Februar vorläufig in Kraft getreten ist, sieht SWIFT selbst darin ohne die Zustimmung des Europaparlaments keine ausreichende rechtliche Grundlage zur Übermittlung innereuropäischer Finanztransaktionsdaten in die USA. Das Unternehmen könne entsprechenden Forderungen daher einstweilen nicht nachkommen, teilte es am Montag mit.