Widerstand gegen SWIFT-Abkommen schmilzt

KONTROLLE
25.11.2009

Der Widerstand Österreichs und Deutschlands gegen die Übermittlung von Finanzdaten zu Terrorbekämpfungszwecken in die USA ist offenbar zusammengebrochen. Deutschland will sich im Ministerrat enthalten, auch der österreichische SWIFT-Unterhändler Ernst Strasser plädiert nun für das Übergangsabkommen.

Der Widerstand Deutschlands und Österreichs gegen den für den 30. November geplanten Abschluss des Abkommens über den Bankdatentransfer aus EU-Bankingsystemen zu Zwecken der Terrorismusbekämpfung an die USA schmilzt. Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) wolle sich bei der für Montag geplanten Abstimmung der EU-Innenminister in Brüssel enthalten, berichtete die Berliner Tageszeitung "Welt" am Mittwoch unter Berufung auf Regierungskreise.

Strasser gegen "Sicherheitslücke"

Auch Ernst Strasser (ÖVP), Unterhändler des EU-Parlaments in Sachen Bankdatenabkommen, signalisierte in einer Aussendung vom Mittwoch, mit einem Übergangsabkommen einverstanden zu sein, damit keine "Sicherheitslücke" entstehe, in der der Datenzugriff durch die USA überhaupt nicht reguliert werde. Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso habe vorgeschlagen, dem Parlament im Jänner einen Entwurf für das endgültige Abkommen zuzusenden. Das derzeit ausgehandelte Abkommen hat eine Laufdauer von einem Jahr. Es sieht vor, dass US-Behörden auf Bankdaten von EU-Dienstleistern zur Terrorismusbekämpfung zugreifen dürfen, und zwar nicht nur auf jene von SWIFT. Das geschieht ohne richterlichen Beschluss.

Strasser nannte auch Bedingungen für das endgültige Abkommen: Die Anfragen für den Datentransfer müssten "zielgerichtet und genau formuliert sein", außerdem sollten die US-Behörden nicht unmittelbar auf die Datenquellen zugreifen dürfen. Sie sollten die Daten nur auf Anfrage hin erhalten. Dass Barroso das Parlament ab Jänner in die Verhandlungen einbeziehen wolle, wertet Strasser als positives Zeichen für die weitere Kooperation zwischen Kommission und Parlament.

Scharfer Protest der Liberalen

Weniger gelassen als Strasser gibt sich der deutsche FDP-Europaparlamentarier Alexander Alvaro. Dass sich De Maiziere gegen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) durchgesetzt habe, sei ein "bittere Enttäuschung", sagte Alvaro. Das werde zu einer "Störung des Koalitionsklimas" in Berlin führen, denn sowohl der FDP-Bundesvorstand als auch die FDP-Bundestagsfraktion hätten sich gegen eine Unterzeichnung des Abkommens ausgesprochen.

Falls der EU-Ministerrat das SWIFT-Abkommen am Montag - einen Tag vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages - tatsächlich unterzeichnen sollte, wäre das auch ein "Schlag unter die Gürtellinie" der Europaabgeordneten, sagte Alvaro weiter. "Das ist keine gute Voraussetzung für die künftige Zusammenarbeit zwischen Parlament und Rat."

Parlament knapp ausgebootet

Der Reformvertrag von Lissabon stärkt die Mitentscheidungsrechte des EU-Parlaments. Die EU-Volksvertretung wird ab 1. Dezember auch in Fragen der Innen- und Justizpolitik mitentscheiden dürfen. Ab diesem Tag müsste das Straßburger Parlament in die Entscheidung über das fragliche Abkommen mit den USA einbezogen werden. Auch deshalb hatte sich Leutheusser-Schnarrenberger gegen eine Unterzeichnung unmittelbar vor Inkrafttreten des Reformvertrags ausgesprochen.

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(AFP/futurezone)