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Streit über SWIFT-Abkommen eskaliert

KONTROLLE
24.11.2009

Im Europaparlament wächst der Widerstand gegen eine Unterzeichnung des umstrittenen EU-Abkommens über die Übermittlung von Bankdaten in die USA. Scharfe Kritik am EU-Ministerrat und den US-Unterhändlern kommt sowohl von Liberalen als auch von Konservativen und Grünen. Derzeit sperren sich hauptsächlich Deutschland und Österreich gegen das Abkommen.

Mehrere deutsche Abgeordnete forderten Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf, sich bei dem Treffen der EU-Justiz- und -Innenminister am Montag gegen die Vereinbarung auszusprechen. "Ich erwarte, dass die Justizministerin bei ihrer Ablehnung bleibt", sagte ihr Parteifreund, der Liberale Alexander Alvaro, am Dienstag.

Für Verärgerung im Straßburger Parlament sorgt vor allem, dass der amtierende schwedische EU-Vorsitz das Abkommen einen Tag vor Inkrafttreten des EU-Reformvertrags am 1. Dezember durchbringen will - unter Umgehung der EU-Volksvertretung. Ab Dezember müsste das Europaparlament in die Entscheidung einbezogen werden, weil ihm der Reformvertrag erstmals ein Mitbestimmungsrecht im Bereich Justiz und Inneres einräumt.

Verhandlungen gehen weiter

Eine Unterzeichnung des Abkommens unmittelbar vor Inkrafttreten des Reformvertrages von Lissabon wäre "eine Farce", kritisierte der CSU-Abgeordnete Manfred Weber. Für die EU-Regierungen sei das eine Nagelprobe. Ihr Verhalten werde zeigen, ob sie es "mit einer Zusammenarbeit mit dem Europaparlament ernst meinen".

Auf Anfrage von ORF.at sagte Gregor Schütze, Sprecher von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP), am Dienstag, dass Österreich "unverändert große Bedenken" wegen des mangelnden Datenschutzes im Abkommen habe. Allerdings konnte Schütze noch nicht sagen, ob Österreich bei der Blockadehaltung im Ministerrat bleiben werde: "Am Donnerstag gibt es erneut Verhandlungen auf Botschafterebene in Brüssel." Fekter hatte sich, ebenso wie Ernst Strasser, ÖVP-Fraktionsführer im EU-Parlament, im Vorfeld gegen die geplante Unterzeichnung des Abkommens am 30. November ausgesprochen.

Deutschland und Österreich sollen hart bleiben

"Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen", so die grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger am Dienstag zu ORF.at, "wir werden hier weiter Druck dafür machen, dass das Abkommen so nicht abgeschlossen wird. Ich halte das für einen besonders sensiblen Bereich. Problem bei solchen Verhandlungen ist immer der programmierte Kniefall der Europäer gegenüber den USA."

Lichtenberger zufolge sind vor allem Österreich und Deutschland gegen das Abkommen: "Die anderen Länder haben offenbar bereits aufgegeben. Ich rufe dazu auf, die Vertreter Österreichs und Deutschlands in dieser Sache zu unterstützen, damit sie sich nicht unter Druck setzen lassen. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel."

Skepsis in zahlreichen Mitgliedsländern

Bisher hatten sowohl Österreich als auch Deutschland Bedenken gegen die Vereinbarung geäußert. Die Bundesregierung begründete das unter anderem damit, dass die Datenschutzstandards in den USA hinter denen der EU zurückbleiben. Skeptisch äußerten sich auch Österreich, Finnland und Frankreich. Im Europaparlament wächst aber die Sorge, dass sich immer mehr EU-Staaten dem Druck der USA beugen könnten. Das Abkommen kann vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags im Ministerrat nur einstimmig verabschiedet werden. Jeder EU-Staat hat damit die Möglichkeit, sein Veto einzulegen.

Bei den Plänen geht es um die Übermittlung von sensiblen Bankverbindungsdaten, die unter anderen der Finanzdienstleister SWIFT mit Hauptsitz in Belgien verwaltet. Das Abkommen ließe aber auch den Zugriff auf die Bankdaten anderer Unternehmen zu. SWIFT wickelt nach eigenen Angaben täglich rund 15 Millionen Transaktionen weltweit ab, darunter auch Standardüberweisungen in der EU. Damit könnte theoretisch jeder europäische Bürger ins Visier der US-Fahnder geraten. Als Gegenleistung erhofft sich die EU Hinweise für die eigene Terrorfahndung.

Der Entwurf des Abkommens sieht vor, dass die Fahnder auch ohne richterlichen Beschluss auf die Daten zugreifen können. Auch die Übermittlung der Daten in Drittstaaten ist erlaubt. Das Abkommen soll allerdings zunächst auf eine Laufzeit von einem Jahr beschränkt bleiben.

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(AFP/futurezone)