© Fotolia/Daniel Fuhr, Rotes Netzwerkkabel auf weißem Hintergrund

Breitband-Deregulierung aufgehoben

VERWALTUNGSGERICHT
23.12.2008

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat eine Entscheidung der Telekom-Regulierungsbehörde (RTR) aufgehoben, wonach der heimische Breitbandvorleistungsmarkt ab 1. Jänner 2009 in zwei Zonen aufgeteilt wird. Nach den Plänen der RTR sollte die Telekom Austria in den Ballungsräumen von der Regulation ausgenommen werden.

Die Telekom-Control-Kommission hat im Juli entschieden, dass der österreichische Breitband-Vorleistungsmarkt ab Jänner 2009 in zwei Zonen nach Wettbewerbsintensität (ländliche Gebiete und Ballungszentren) aufgeteilt und der Marktführer Telekom Austria (TA) in der Zone 1 aus der Regulierung entlassen werden soll. Dieser Entscheid sorgte für heftige Kritik seitens der alternativen Anbieter und zog auch Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof nach sich.

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof hat nun am 17. Dezember entschieden, dass der angefochtene Bescheid "wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes" aufgehoben wird. Das bedeutet, dass die Zonenaufteilung und die geplante teilweise Deregulierung der Telekom Austria vorerst nicht wie geplant ausgeführt werden können. Die RTR wollte am Dienstag auf Anfrage von ORF.at keine Stellungnahme abgeben.

Ein Betroffener, der das Urteil am Dienstag per Post zugestellt bekommen hat, wies ORF.at auf die Entscheidung hin. Beim Verwaltungsgerichtshof war die Meldung am Dienstagvormittag online noch nicht abrufbar. Auf Nachfrage von ORF.at wurde der Entscheid aber bestätigt.

ISPA sieht Signalwirkung

Andreas Wildberger, Generalsekretär des Verbands der heimischen Internet Service Provider (ISPA), erklärte in einer ersten Reaktion: "Grundsätzlich ist das eine sehr positive Sache". Auch weiterhin gebe es für die alternativen Betreiber schwierige wirtschaftlichen Bedingungen.

"Die TA bleibt nun aber weiterhin verpflichtet, den Alternativen einen Zugang anzubieten, sie sind also nicht auf den reinen Goodwill angewiesen", so Wildberger zu ORF.at.

In erster Linie habe die Entscheidung eine Signalwirkung, da die Regulierungsbehörde in Frage gestellt werde. Dieser wurde in der Vergangenheit von den Betreibern immer wieder vorgeworfen, den Ex-Monopolisten Telekom Austria bevorzugt zu behandeln, was zu einer Remonopolisierung führe.

Die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs

Konkret streicht der VwGH in seiner Begründung heraus, dass von ihm bereits mehrfach klargestellt wurde, dass "die Feststellung, ein Unternehmen verfüge über beträchtliche Marktmacht, ohne damit die Auferlegung geeigneter Verpflichtungen zu verbinden, nicht mit dem Gesetz vereinbar ist.", wie die ISPA in einer Aussendung betont.

Und weiter: "Die vorgenommene geographische Unterteilung ist weder mit den innerstaatlichen, noch mit den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen vereinbar. Solange der Markt in geographischer Hinsicht das gesamte Bundesgebiet umfasst und solange auf diesem (bundesweiten) Markt ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt, also kein effektiver Wettbewerb besteht, solange sind von der Behörde bundesweit effektive Regulierungsmaßnahmen vorzunehmen. Dies schließt zwar nicht eine regionale Differenzierung per se aus, wohl aber eine Differenzierung derart, dass in Teilen des Marktes keine geeigneten Verpflichtungen auferlegt werden."

"Schallende Ohrfeige für die RTR"

"Man kann es nicht anders bezeichnen - dass es am Breitbandmarkt in Ballungsgebieten ab 2009 doch keine schwächere Regulierung geben wird, ist eine schallende Ohrfeige für die Regulierungsbehörde RTR", zeigte sich der Geschäftsführer des Verbandes der Alternativen Telekom-Netzbetreiber (VAT) Thomas Faast angesichts der aktuellen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs erfreut.

"Es ist geradezu absurd, dass der VwGH hier die Arbeit der RTR macht, die ja eigentlich dafür geschaffen worden ist, Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb zu schaffen. Wichtig wird nun sein, der RTR bei der anstehenden Definition des Breitbandmarktes genau auf die Finger zu schauen, damit die jetzt zurückgewiesene Deregulierung nicht doch noch wirksam wird", so Faast.

Der heimische Breitband-Vorleistungsmarkt

Kein alternativer Internet-Anbieter verfügt über ein eigenes, österreichischweites Netz weshalb Leitungen der Telekom Austria zumieten muss. Vor allem gilt das für die "letzte Meile" zum Kunden, zudem haben auch die alternativen Anbieter nicht sämtliche TA-Wählämter entbündelt. Irgendwo fehlen also immer ein paar Leitungen, wenn es zum Beispiel einen größeren Auftrag für Filialvernetzung eines Unternehmens gibt.

Wäre die TA als marktbeherrschendes Unternehmen nicht mehr verpflichtet, eine derartige Leitung zu vermieten, könnte der alternative Betreiber nicht mehr an der Ausschreibung teilnehmen.

Dafür gibt es den Breitband-Vorleistungsmarkt.

Zwar verfügt der Ex-Monopolist TA laut RTR auf diesem Vorleistungsmarkt über beträchtliche Marktmacht, nach Ansicht des Regulierers allerdings nur in einigen geografischen Teilbereichen - vor allem in den ländlichen Gebieten. Hier hat die TA laut Behörde einen Marktanteil von 75 Prozent auf dem Vorleistungsmarkt, wogegen es in den Ballungsräumen etwa 27 Prozent sind.

Es werden nämlich dabei die mobilen Internet-Zugänge via UMTS als Konkurrenz eingerechnet, obwohl die TA-Tochter mobilkom (nach eigenen Angaben) dabei marktführend ist.

Die ursprünglichen Pläne für 2009

Jedenfalls sollte der Vorleistungsmarkt ab 1. Jänner 2009 in zwei Gebiete aufgeteilt werden. Im Gebiet 1, den Ballungsräumen, sollte die Telekom Austria aus der Regulierung "entlassen" werden.

Im ländlichen Raum, dem Gebiet 2, wurden der TA Maßnahmen wie die Verpflichtung zur Gewährung von Netzzugang, Nichtdiskriminierung, die Legung eines Standardangebots, die Verpflichtung zur Entgeltkontrolle auf Basis Retail-Minus (an den Endkundenpreisen der TA orientierte Vorleistungspreise) sowie die Verpflichtung zur getrennten Buchführung auferlegt. Die getrennte Buchführung wurde auch in Gebiet 1 vorgeschrieben, um eine Quersubventionierung zu vermeiden.

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(futurezone/Nayla Haddad)