Nächste Beschwerde gegen Deregulierung

telekoms
18.08.2008

Der Wiener Internet-Anbieter Silver Server legt wegen der Deregulierung auf dem heimischen Breitband-Vorleistungsmarkt Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof [VwGH] ein.

Der Anfang Juli von der Telekom Control Kommission erlassene Bescheid zur Deregulierung der Telekom Austria in Ballungsräumen stößt erwartungsgmäß bei den Mitbewerbern auf wenig Gegenliebe: Mit dem Wiener Anbieter Silver Server wendet sich nun bereits die zweite Partei mit einer Beschwerde an den VwGH.

Der Bescheid zur Deregulierung des österreichischen Breitbandmarktes sei unter Benachteiligung betroffener Parteien zustande gekommen, beschwerte sich Silver Server am Montag in einer Aussendung.

Ziel: Aufhebung des Bescheids

Silver Server begründet das vorrangig mit unausreichend gewährten Fristen im Bescheidverfahren, die es dem Unternehmen unmöglich machten, sein Parteienrecht ausreichend zu gebrauchen.

Auf Anfrage von ORF.at hieß es am Montag zudem: "Wir erwarten und, dass der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze aufgehoben wird." Die Beschwerde hat für den Bescheid, der am 1. Jänner 2009 in Kraft tritt, allerdings keine aufschiebende Wirkung.

"Beißkorb für Telekom Austria"

Silver-Server-Chef Oskar Obereder kritisiert zudem, dass der endgültige Bescheid trotz zahlreicher Stellungnahmen aus der Branche im Wesentlichen dem ursprünglichen Entwurf entsprach.

"Erst musste der Telekom Austria ein Beißkorb angelegt werden, damit sich überhaupt ein Markt entwickeln konnte. Nun hebt der Regulator die Beißkorbpflicht auf und setzt kleinere Unternehmen damit der Gefahr aus, von der Telekom Austria wieder aus dem Markt gebissen zu werden. Wir halten die gesetzliche Beißkorbpflicht am Breitbandmarkt daher weiter für unerlässlich", so Obereder in der Aussendung.

TA: Mehr Freiheit in Ballungszentren

"Nach mehr als zehn Jahren mit strengen Regulierungsmaßnahmen setzen wir nun den ersten Schritt zur Deregulierung", erklärte RTR-Chef Georg Serentschy Anfang Juli die Entscheidung.

In den Ballungszentren sei die TA aufgrund der steigenden Zahl an Entbündlern, Kabelanbietern und vor allem des starken Trends zu den mobilen Breitbandangeboten der Mobilfunker stärker unter Wettbewerbsdruck geraten.

Kritik an Parteienstellungsverfahren

Hauptkritikpunkt der alternativen Anbieter ist, dass die Telekom Austria von Anfang an in das Verfahren eingebunden war. Im März hatte der VwGH festgestellt, dass auch die anderen Internet-Service-Provider "Betroffene" im Sinn des Gesetzes sind, denen Parteienstellung zu gewähren ist.

Rund 530 Anbietern war im März Parteienstellung zugesprochen worden. Nach einer ersten Frist zur Stellungnahme Ende April beteiligten sich jedoch lediglich 38 Anbieter aktiv an dem Verfahren - offenbar aufgrund des extremen Zeitdrucks.

"Keine Rechtssicherheit"

Für den Silver-Server-Geschäftsführer stelle nur eine Beibehaltung der bisher gültigen Regulierung faire Wettbewerbsbedingungen für alternative ISPs sicher. "Der Bescheid geht davon aus, dass die Telekom Austria ihr Wholesale-Angebot für Internet-Service-Provider aufrecht lässt, auch wenn sie dazu nicht mehr verpflichtet ist." Hier herrsche aber keine Rechtssicherheit.

Obereder erwarte nun noch weitere Beschwerden seiner Mitbewerber, bevor die sechswöchige Einspruchsfrist ablaufe. Der VwGH muss in einem achtwöchigen Vorverfahren eine Stellungnahme der RTR einholen, bis zu einer Entscheidung können jedoch Monate vergehen, hieß es auf Anfrage von ORF.at bei Silver Server.

Anfang Juli legte der Internet-Provider visions network bereits Amtshaftungsklage und eine Verfassungsgerichtshof-Beschwerde gegen die Deregulierungspläne auf dem Breitband-Vorleistungsmarkt ein.