Widerstand gegen BKA-Gesetz steigt
Die Ablehnungsfront gegen das deutsche BKA-Gesetz wird breiter. Das SPD-regierte Rheinland-Pfalz will den neuen Befugnissen im Bundesrat nicht zustimmen. Auch in den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein verweigern sich die Sozialdemokraten.
FDP, Grüne und Linke, die in sieben weiteren Ländern mitregieren, lehnen das vom deutschen Bundestag bereits beschlossene Gesetz ebenfalls ab. Damit gibt es in der Länderkammer keine Mehrheit mehr. SPD-Politiker sehen ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat als einzigen Weg, noch einen Konsens zu erreichen.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, bis diesen Sommer Parteivorsitzender der Bundes-SPD, und sein Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) sagten nach einer Kabinettssitzung in Mainz, es gebe Nachbesserungsbedarf. "Wir rufen deshalb den Vermittlungsausschuss an."
Mit der neuen Lage dürften sich die deutschen Innenminister auch bei ihrer am Mittwochabend in Potsdam beginnenden Herbstkonferenz befassen, obwohl das BKA-Thema offiziell nicht auf der Tagesordnung steht.
Bei der Union stieß das Verhalten der SPD in den Ländern naturgemäß auf heftige Kritik. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sprach im "Hamburger Abendblatt" (Mittwoch-Ausgabe) von einem "Stück aus dem Tollhaus".
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, sagte, im Gesetzgebungsverfahren hätten die Länder ausreichend Gelegenheit gehabt, ihren Standpunkt vorzutragen.
Schäuble sieht Zerissenheit bei SPD
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble kritisierte die SPD scharf und sagte, er sehe wenig Verhandlungsspielraum. "Wenn die Länder das BKA-Gesetz jetzt verhindern, dann bleiben sie eben für die Abwehr der Gefahren aus dem internationalen Terrorismus verantwortlich", sagte Schäuble dem "Tagesspiegel" (Mittwoch-Ausgabe).
Wenn das Bundeskriminalamt (BKA) nicht die Befugnisse bekomme, um einer neuen Aufgabe gerecht zu werden, dann könne er diesem auch nicht die Verantwortung übertragen. Die SPD sei innerlich zerrissen und nicht mehr verlässlich. "Wenn sich die Parteiführung für etwas einsetzt, kann man geradezu sicher sein, dass die Basis der SPD das Gegenteil macht", so Schäuble.
SPD-Fraktionschef Peter Struck signalisierte Gesprächsbereitschaft. Über Einzelpunkte könne man reden, sagte er dem Bonner "General-Anzeiger" vom Mittwoch. Aus seiner Sicht seien die Inhalte der von der großen Koalition verabredeten Regelung aber unstrittig.
Länder wollen Vermittlungsausschuss
Vor Rheinland-Pfalz schon hatten die Sozialdemokraten in Sachsen und Schleswig-Holstein Nachbesserungen verlangt. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) schloss sich dem an. Sein Land unterstütze den Antrag Schleswig-Holsteins, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen, sagte der SPD-Landeschef am Dienstag.
Der deutsche Bundestag hatte vergangene Woche das Gesetz mit den Stimmen der Koalition gegen die Opposition und 20 SPD-Abgeordnete beschlossen.
In dem von Rot-Rot regierten Berlin sind nicht nur die Linken gegen das BKA-Gesetz. Auch die SPD-Senatoren für Justiz und Inneres lehnen es ab. Die erweiterten Befugnisse des BKA seien im Bundesrat nicht zustimmungsfähig, erklärten Gisela von der Aue und Ehrhart Körting am Dienstag. Das Gesetz müsse grundlegend überarbeitet werden.
BKA-Chef füchtet um Online-Durchsuchung
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, verteidigte im Bayerischen Rundfunk den Kompromiss. Er rechnet trotz allem mit einer Billigung des Bundesrates. Schleswig-Holsteins SPD-Vorsitzender Ralf Stegner stellte in der "Berliner Zeitung" klar: "Wir sind grundsätzlich für das BKA-Gesetz. Es muss länderübergreifende Kompetenzen und Aktivitäten in der Terrorbekämpfung geben."
Der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, warnte im RBB-Inforadio vor Änderungen. Er sehe einem Vermittlungsverfahren zwar gelassen entgegen. Aber "wenn es noch weitere Kompromisse geben sollte, gerade bei der Online-Durchsuchung, dann machen wir im Grunde die Online-Durchsuchung unbrauchbar".
