EU-Rat winkt Softwarepatente durch
Der EU-Ministerrat hat heute die umstrittene Richtlinie zur Patentierung von Computer-implementierten Erfindungen verabschiedet.
Nach mehreren gescheiterten Anläufen - zuletzt hatten Polen und Dänemark die Richtlinie blockiert - wurde heute der Weg freigegeben.
Um einen "Kompromiss", wie die Nachrichtenagenturen fälschlich berichten, handelt es sich dabei freilich nicht. Es ist derselbe Richtlinienentwurf des Rats, der im EU-Parlament mit großer Mehrheit abgelehnt worden war.
Sehr zu Erbitterung der Parlamentarier wurde kein einziger der zahlreichen Änderungsanträge in den Ratsentwurf aufgenommen.
Auch im Rat herrschte heute keine Einigkeit. Polen stellte seine Zustimmung unter Vorbehalt zahlreicher Änderungen in zweiter Lesung, Spanien stimmte ganz gegen den Entwurf, Belgien, Italien und Österreich enthielten sich der Stimme.
Ungarn, Lettland, die Niederlande, Dänemark und Zypern forderten Nachbesserungen.
Die luxemburgische Ratspräsidentschaft lehnte eine Neuverhandlung der Ratsposition jedoch aus verfahrenstechnischen Gründen ab.

Nächste Stufe zweite Lesung
Das umstrittene Gesetzespaket hat nun zwar eine wichtige Hürde genommen, muss allerdings noch in zweiter Lesung in das EU-Parlament.
In der Sitzung des parlamentarischen Justizauschusses, dessen Mitglieder sich mit nur einer Gegenstimme dafür ausgesprochen hatten, den Richtlinienentwurf zur Gänze zurückzuziehen und komplett zu überarbeiten, wird er ebenfalls auf der Tagesordnung stehen.
Binnenmarktkommissar Charles McCreevy wollte jedoch die Abstimmung im Ministerrat, in dem die 25 EU-Regierungen vertreten sind.
Die Patentierung hat zu heftigen Debatten in der Branche und im Parlament zwischen Anhängern eines sehr weitgehenden Patentschutzes und Befürwortern einer möglichst freien Verfügbarkeit von Software geführt.
Kritiker sehen in der Software-Patentierung einen Nachteil für kleine und mittlere Unternehmen [KMU]. Die Richtlinie schadet etwa nach Ansicht der Wirtschaftskammer Österreich den für Europa typischen KMUs, während sie marktbeherrschende Großunternehmen begünstigt.
