23.02.2004

IN BRÜSSEL

Lostag für Tauschbörsen-Benutzer

Wenn der Justizausschuss des EU-Parlaments heute um 15:00 zusammentritt, steht die geplante Direktive zum "Schutz des geistigen Eigentums" [Intellectual Property Rights Enforcement" als erster Punkt auf der Tagesordnung.

Wie alle in Arbeit befindlichen EU-Direktiven, die Regulationen des Internet in irgendeiner Form beinhalten - z.B. Softwarepatente, Copyright - ist sie umstritten.

In diesem Fall stehen die Interessen von Musik- und Unterhaltungsindustrie sowie jene der großen Softwarefirmen einer breiten und sehr bunten Allianz gegenüber.

Diese besteht im Wesentlichen aus Konsumentenschützern, mittleren bis kleinen Softwarefirmen, verschiedensten Open Source Communities und User Groups, Datenschützern, Internet Providern, Bürgerrechtsorganisationen und Tauschbörsen-Benutzern.

Die letzten Wochen waren geprägt von weiteren Vorstößen der Industrie-Lobbies, um die Durchgriffsrechte von Copyright-Inhabern auf mutmaßliche Raubkopierer oder Teilnehmer von Tauschbörsen möglichst weit auszudehnen.

Preisdiktat der Großen

Vertreter kleinerer Software-Distributoren und -integratoren weisen darauf hin, dass sie durch diese Direktive von einem Dutzend Großunternehmen gezwungen werden könnten, ihre Software jeweils in einem bestimmten EU-Land zu kaufen.

Damit sei man einem Preisdiktat der Großen unterworfen, von denen kaum eines ein europäisches Unternehmen sei.

Verschiedene davon bieten ihre Produkte zu ganz unterschiedlichen Preisen und Koditionen in verschiedenen EU-Staaten an.

Nicht nur hier greifen die verschiedenen oben zitierten Direktiven ineinander - wobei diese aktuelle in direktem Zusammenhang mit der Copyright-Direktive [EUCD] zu sehen ist.

Vorbeugende Rasterfahndung

Quer durch Europa befürchten Internet-Provider wiederum, dass eine durch die Direktive ausgelöste Jagd auf Tauschbörsennutzer, nationale Behörden erneut in Versuchung führen würde, die Provider als Hilfspolizisten in die Pflicht zu nehmen.

Nämlich für "pro-aktive" [vorbeugende] Rasterfahndungen nach dem Muster der US-Musikindustrie unter der unübersehbaren Zahl der Internet-Benutzer, die Film- Musik- und Software-Dateien tauschen oder frei abgeben.

Verläßliche Zahlen wieviele dieser Dateien davon völlig legal verbreitet werden gibt es keine, es existeren nur divergierende Schätzungen seitens der Lobby-Groups der großen Industrien.

Nach der Behandlung durch den Justizausschuss, in dem auch Vertreter der EU-Kommission anwesend sind, soll die Direktive am 11. März im Plenum des Parlaments verabschiedet werden.