Pröll sieht sich durch EuGH-Urteil gestärkt
Für Pröll ist das Urteil eine "Bestätigung dafür, dass die Mobilfunkbetreiber in Wahrheit äußerst oberflächlich argumentiert haben". Sie seien "eines Besseren belehrt worden", so Pröll gegenüber ORF Niederösterreich.
Die Mobilfunkbetreiber sollten sich "endgültig in einer Infrastrukturgesellschaft zusammentun" und "gemeinsam die Infrastruktur nutzen" - im Interesse von Landschaft, Gesundheit, Lebensqualität und der nächsten Generationen.
Würden die Betreiber das zu Stande bringen, sei es möglich, die Handygebühren zu senken, ist sich Pröll sicher. "Das verlange ich mit aller Vehemenz." Sobald die Betreiber die Handymasten zusammengelegt hätten, würde das Land NÖ das Gesetz sistieren [einstellen].
Bei gemeinsamer Nutzung sei es möglich, dass beim Zusammenlegen von drei Standorten auf einen bis zu 40.000 Euro pro Jahr Ersparnis übrig bleibe, so Pröll weiter.
Der EuGH hatte im Falle Belgiens festgestellt, dass zwei kommunale Abgaben auf Handymasten nicht dem EU-Prinzip der Dienstleistungsfreiheit widersprechen. Die Frage nach einer möglichen Wettbewerbsverzerrung und damit Verstoß gegen die EU-Telekom-Richtlinien hatten die Richter an das zuständige belgische Gericht zurückverwiesen.

"Mehr gestärkt als geschwächt"
Das Urteil sei auf Basis der alten EU-Richtlinie gefällt worden,
so Pröll weiter. Die neue Richtlinie setze stark auf eine gemeinsame
Nutzung von Anlagen und sehe dafür sogar Lenkungsabgaben vor. "Wir
sind also mehr gestärkt als geschwächt", so Pröll im
"WirtschaftsBlatt" vom Freitag. Wer jetzt sage, das belgische Urteil
sei nicht übertragbar, "kennt sich nicht aus oder will sich nicht
auskennen".

Mehrkosten für Betreiber und Kunden
Eine Zusammenlegung der Sendeanlagen der einzelnen Mobilfunker auf einen gemeinsamen Masten würde allerdings zur Folge haben, dass dieser Mast um einiges höher als der bisherige werden würde.
Die einzelnen Sendeanlagen müssen einen deutlichen Abstand zueinander haben - deutlich höhere "Supermasten" wären die Folge, wenn auch weniger.
Die Kosten für die neue Infrastruktur und den Abbau der übrig bleibenden Masten müssten die Mobilfunker zudem wohl genauso tragen wie die Handymasten-Steuer, die ab 2006 eingehoben werden soll.
Zu erwarten ist, dass die Mobilfunker diese Mehrkosten auf ihre Kunden umwälzen, alleine durch die Steuer sollen die Tarife um bis zu 15 Prozent höher werden.
Auch wenn die gemeinsame Nutzung der Standorte [Site-Sharing] Einsparungen bringt, dürfte es eine ganze Weile dauern, bis auch die Kunden diesen Effekt durch etwa niedrigere Tarife spüren können.

EU prüft Wettbewerbsverzerrung
Die für Telekommunikation zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding hat das EuGH-Urteil begrüßt. Die EU habe nunmehr "Rechtsklarheit", sieht auch sie sich gestärkt. Sie kündigte eine Prüfung der Steuer "in den kommenden Tagen" an.
Eine Steuer, die den Wettbewerb verzerre, verstoße gegen EU-Recht. Auf dieser Grundlage werde sie die juristische Prüfung der Handymasten-Steuer einleiten, so Reding.
Gleichzeitig warnte sie vor einer vorschnellen positiven Bewertung des Urteils. "Wer das Urteil zu Ende liest, der wird schnell einsehen, dass die Handymasten-Steuer jetzt erst recht auf den juristischen Prüfstand kommt", so Reding.
Aus Sicht der EU-Kommission könnten ehemalige Monopolunternehmen in einer günstigeren Situation dadurch sein, dass sie ihre in den Aufbau der Infrastruktur getätigten Investitionen bereits abgeschrieben haben, während das bei neuen Marktteilnehmern noch nicht der Fall ist.
In diesem Fall würde eine Steuer auf die Infrastruktur neue Marktteilnehmer härter treffen als die alt eingesessenen Unternehmen. Besonders problematisch sei, wenn nicht alle Netzbetreiber gleichermaßen betroffen sind - die Masten der landeseigenen Nökom etwa sind von der Steuer ausgeschlossen.

Schnelles Verfahren angestrebt
Zuvor hatte ein Sprecher der Kommissarin bereits erklärt, die Kommission wolle die Prüfung in vier bis sechs Wochen abschließen. Danach werde die Kommission über die Einleitung eines Verfahrens wegen Verstoßes gegen den EU-Vertrag entscheiden.
Als letzte Etappe eines solchen Verfahrens droht Österreich eine Klage vor dem EuGH. Mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung könnte die Kommission auch ein verkürztes Verfahren durchziehen, hatte der Sprecher erklärt. Mit einer Entscheidung wäre dann noch vor Jahresende zu rechnen.
Auf die Ankündigung von Vizekanzler Hubert Gorbach [BZÖ] und den Mobilfunkbetreibern, weiter gegen die Steuer ankämpfen zu wollen, meinte Pröll weiter: "Was soll man von einem Kämpfer halten, der sich eine blutige Nase geholt hat? Wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen."
Pröll erinnerte zudem daran, dass die Mobilfunker den "juristischen und staatlichen Auftrag" hätten, eine Vollversorgung zu gewährleisten.
Für Telekom-Regulator Georg Serentschy kann das EuGH-Urteil zur Handymasten-Steuer nicht 1:1 auf Niederösterreich umgelegt werden. Ob in der Causa noch eine politische Lösung möglich ist, entziehe sich seiner Fantasie, wäre aber wünschenswert.

Auch für den österreichische Verfassungsgerichtshof [VfGH], der sich in einigen Wochen mit der nö. Handymasten-Steuer befassen soll, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
