05.07.2005

"WIENUX"

Ein Linux für Wiens Behördenrechner

Ein Stadtrat [Rudolf Schicker], ein Gemeinderat [Andreas Schieder] und ein Nationalrat [Josef Broukal] eröffneten heute den "Wienux-Tag" in der Hauptbücherei Wien, in dessen Rahmen das österreichische "Behörden-Linux" vorgestellt wurde

Die Latte hat man sich vorerst nicht besonders hoch gelegt, zumal die Migration auf das freie Betriebssysteme sanft sein soll. "Wir rechnen mit einigen hundert Linux-Arbeitsplätzen im ersten Jahr" sagte der zuständige Magistrats-Abteilungsleiter Erwin Gillich.

Viele Magistratsmitarbeiter würden sich das erst einmal ansehen wollen und schließlich sei man ja nicht unter dem Zeitdruck wie die Stadt München, die von Windows NT rasch migrieren müsse.

Das derzeit in Betrieb befindliche Windows 2000 sei erst ab 2008 wirklich ablösereif, man liege also gut in der Zeit.

Keine Ideologie, sondern Unabhängigkeit

Der Umstieg sei keineswegs ideologisch motiviert - die Strategie laute auch dezidiert nicht "Komplett-Umstieg auf Linux" - sondern das Schaffen von Plattformunabhängigkeit.

Am Magistrat habe man bereits 1989 die ersten Open-Source-Programme eingesetzt, sagte Gillich: "Das Wichtigste daran ist - wir wissen, dass Open Source funktioniert."

Und Kosten? Für den Umstieg ist im Fünfjahresplan insgesamt eine Million Euro eingeplant, die vor allem für das Schulungsprogramm ausgegeben wird.

Die erste Wienux-Version ist ganz auf das Netz des Magistrats zugeschnitten, d. h. Logins, Sicherheitsmechanismen etc. sind in der internen Distribution bereits enthalten.

Debian mit KDE-Desktop und Outlook

Wienux basiert auf einer ziemlich abgespeckten Version von Debian 3.1 [bekannt als "Sarge"] mit Kernel 2.6.11, beim Desktop hat man sich nicht für Gnome, sondern für den "deutschen" Desktop KDE 3.3.2 entschieden. Als Browser kommt Mozilla Firefox zum Einsatz.

Als Besonderheit gibt es eine grafische Benutzeroberfläche für SAP, XFree86 4.3, die Brennsoftware K3B CD-R/W & DVD, die Bildbearbeitung GIMP, dazu kommt Microsoft Outlook Web Access.

Und warum Debian? Man wollte sich nicht in Abhängigkeit von einem der großen Distributoren begeben, sondern möglichst unabhängig agieren können, sagte Gillich.

Man habe aus dem Debian-Paket viel entfernt, was zum Arbeiten im Magistrat eben nicht nötig sei, so Gillich weiter, und einige wenige dazugetan.

Um die genauen Bedürfnisse und Anforderungen an die neuen Produkte aus den Dienststellen zu erheben, wurde eine eigene User-Gruppe ins Leben gerufen. Diese trifft sich in regelmäßigen Abständen und tauscht Erfahrungen über Änderungen und Neuerungen aus.

Grillplätze unter Windows

"Die heutige Präsentation von Wienux kommt für uns nicht unerwartet. Sie ist das Ergebnis einer Entscheidung des Vorjahres, eine grundsätzliche Verbreiterung der Auswahlmöglichkeiten im Softwarebereich zu schaffen. Das beinhaltet daher auch, dass die Stadt Wien auch weiterhin auf Microsoft Windows als strategische Plattform setzen wird", erklärt Thomas Lutz, Unternehmenssprecher von Microsoft Österreich.

Die Mehrzahl der Mitarbeiter der Stadt Wien arbeite mit Microsoft Office und knapp die Hälfte aller Server der Stadt Wien laufen auf der Microsoft Plattform, darunter populäre Dienste wie beispielsweise die Webservices für die Wiener Grillplatzverwaltung.