Patentangst verzögert Linux-Umstieg
In München ist nun das eingetreten, wovor die Gegner von Patenten auf Software seit Beginn der Debatte gewarnt hatten. Egal unter welch dubiosen Umständen sie vom Europäischen Patentamt vergeben wurden - alleine die Existenz dieser Software-Patente genügt, um ein Projekt zum Umstieg auf freie Software wie jenes der Stadt München zumindest zu verzögern.
Man hält zwart grundsätzlich an der Migrationsstrategie fest, die für Ende Juli geplante Ausschreibung des "LiMux Base Client" wurde von der Münchner Stadtverwaltung jedoch "vorläufig zurückgestellt", um das Projekt auf "rechtliche und finanzielle Risiken" zu prüfen.
Grund dafür ist die Haltung der EU-Kommission bzw. des -Rats, die gegen eine deutliche Mehrheit im EU-Parlament an den Plänen, Patente auf Software grundsätzlich zu ermöglichen, festhalten.
Allen Einwänden und aller Kritik zum Trotz bekräftigte der Wettbewerbsrat Mitte Mai seinen Beschluss zur umstrittenen Richtlinie für "computerimplementierte Erfindungen". Österreich hatte sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten, die überwiegende Mehrzahl der österreichischen EU-Parlamentarierer

Das Ausmaß der Bedrohung
Linux verstößt zwar gegen kein Softwarepatent, das bisher vor US-Gerichten geprüft wurde, doch insgesamt 283 Patente stellen eine Bedrohung für das Open-Source-System in künftigen rechtlichen Auseinandersetzungen dar.
Das geht aus einer Analyse der Firma Open Source Risk Management [OSRM] hervor, bekannt seit Einführung ihrer Rechtsschutzversicherung für Linux-User, als viele Unternehmen wegen der Lizenzgebühren-Forderungen von SCO verunsichert wurden.
Alleine die Basissoftware, die auf den Computern der 14.000 Mitarbeitern der Stadt München installiert werden sollte, wird von mehr als 50 europäischen Softwarepatenten berührt.

"Sanfte Migration" in Wien
Nach entsprechenden Äußerungen des EDV-Verantwortlichen der Stadt München hatte es zunächst Spekulationen gegeben, ob München sein ambitioniertes Projekt wegen der sich möglicherweise durch das EU-Patentgesetz ergebenden Ansprüche Dritter komplett auf Eis legen würde.
In Wien zeigte man sich ubeeindruckt: "Wir vertrauen auf die Vernunft der EU-Abgeordneten, dass sie Open Source ermöglichen", betonte der IT-Chef der Bundeshauptstadt, Erwin Gillich. Sollte es trotzdem Probleme geben und müsse man die Linux-Umstellung stoppen, sei auch noch nichts passiert, schließlich werde man für die Open-Source-Erweiterung fast nichts investieren müssen.
Im Gegensatz zu München setzt Wien auf eine "sanfte Migration", also nicht auf eine Komplettumstellung auf Open Source, wie das in München der Fall ist. "Unser Ansatz ist ein komplett anderer", so Gillich.
