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Online-Betrüger auf dem Vormarsch

JAHRESBERICHT
07.04.2009

Für 2009 befürchtet der Internet-Ombudsmann einen explosionsartigen Anstieg an Beschwerden über unseriöse Online-Anbieter. Vor allem häuften sich Probleme mit "vermeintlichen Gratisangeboten", so das Ergebnis des Jahresberichts für 2008.

"Im Jahr 2008 wurden insgesamt 7.353 Beschwerdefälle bearbeitet, Tendenz stark steigend", sagte Bernhard Jungwirth, Projektleiter Internet-Ombudsmann, bei der Präsentation des Jahresberichts in Wien. Zwar sei die Zahl der Beschwerden gegenüber dem Vorjahr (7.456) leicht gesunken, im ersten Quartal 2009 konnte jedoch ein sprunghafter Anstieg verzeichnet werden.

So wurden heuer bereits 2.757 Beschwerden gegenüber 1.726 im ersten Quartal 2008 verzeichnet. Im März 2009 seien zudem erstmals seit dem zehnjährigen Bestehen der Schlichtungsstelle mehr als 1.000 Beschwerdefälle in einem Monat registriert worden.

Der Internet-Ombudsmann stellt seine Dienste kostenlos zur Verfügung und ist eine von der EU-Kommission anerkannte außergerichtliche Streitschlichtungsstelle. Gefördert wird der Ombudsmann vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sowie von der Bundesarbeiterkammer (AK).

Erstelle man auf Basis dieser Zahlen eine Prognose für 2009, "dann kommen wir auf 11.000 Beschwerdefälle", erläuterte Jungwirth. "Das wäre ein Anstieg von beinahe 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr." Insgesamt konnten 2008 88,4 Prozent der Beschwerden zugunsten der Konsumenten gelöst werden.

Grund: Wirtschaftskrise

Laut Experten ist dieser Trend auf die wirtschaftlich kritischen Zeiten für Unternehmen sowie deren Sparmaßnahmen zurückzuführen. "Längere Lieferzeiten und die Reduzierung von Kundenservices kommen derzeit wieder öfter vor", meinte Jungwirth. Zugleich würden die Konsumenten immer mehr Risiken eingehen, um Kosten zu sparen.

Hauptverursacher für Beschwerden seien "vermeintliche Gratisangebote" im Internet. Sie waren 2008 Auslöser für 5.581 Beschwerden (rund 76 Prozent). "Besonders gegen Jahresende war eine Zunahme an Beschwerden in diesem Bereich zu verzeichnen, dieser Trend hat sich 2009 fortgesetzt", so Jungwirth.

Unseriöse Praktiken

"Wenn ich mich bei einer Website anmelden muss, dann sollten schon die Glocken läuten", erklärte Jungwirth, "weil dann davon auszugehen ist, dass jemand etwas von mir will. Die Masche ist immer die gleiche." Der Konsument werde aufgefordert, seine persönlichen Daten bekanntzugeben und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu akzeptieren. Dass der Dienst kostenpflichtig sei, werde zumeist verschleiert und von vielen übersehen.

"Auch bei der Arbeiterkammer sind die Fälle von Internet-Gaunereien gestiegen", sagte AK-Konsumentenschützer Harald Glatz. Das sei problematisch, da das Internet ein interessantes Medium etwa für Preisvergleiche sei. "Wenn es Misstrauen gibt, dann trifft das die ganze Branche, vor allem die kleineren Anbieter", so Glatz. Große Anbieter hätten aufgrund ihres Bekanntheitsgrades kein Problem.

Die 10 Internetangebote mit den meisten Beschwerden 2008:

Die häufigsten Beschwerdegründe

Laut Jahresbericht des Internet-Ombudsmann waren die häufigsten Beschwerdegründe der Vertrag bzw. ein Rücktritt (75,9 Prozent) sowie Lieferprobleme (11,2 Prozent). Danach folgten "sonstige Beschwerden" (8,3 Prozent) wie Konkursfälle und Probleme mit Telekommunikationsanbietern. "Hier sind es besonders die hohen Rechnungen bei mobilem Internet", so Jungwirth.

Die Beschwerden beträfen hauptsächlich Online-Shops (95,3 Prozent), der Rest entfalle auf Auktionen (4,7 Prozent), die gegenüber 2007 (vier Prozent) leicht gestiegen seien. Auch die durchschnittlichen Schadenskosten seien gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2008 sei die Schadenshöhe bei durchschnittlich 150 Euro pro Fall gelegen, 2007 waren es noch 144 Euro, wobei die Schadenshöhe bei Auktionen tendenziell höher sei.

AK: Thema politisch ausschöpfen

Glatz sprach sich dafür aus, "dass das Thema auch politisch ausgeschöpft wird", und brachte dazu auch Vorschläge. Zum einen sollten Online-Verträge nur gültig sein, wenn der Konsument den vereinbarten Vertrag abschließend ausdrücklich bestätigen muss. Das könne via E-Mail oder eine übersichtliche Darstellung auf der Website erfolgen.

Glatz forderte zudem eine Angleichung an das deutsche Rücktrittsrecht. Demnach sollte das Rücktrittsrecht unbefristet gelten und nicht wie bisher auf drei Monate beschränkt sein. "Oft versenden unseriöse Anbieter ihre Mahnungen erst nach drei Monaten", so Glatz, dann sei es für Einwände schon zu spät. Internet-Abonnements sollten zudem jederzeit kündbar sein.

Wettbewerbsverstöße strenger ahnden

Der Konsumentenschützer setzt sich auch dafür ein, dass Wettbewerbsverstöße wirksamer sanktioniert werden. Solange die Verfahrenskosten für ein rechtswidriges Verhalten, wie irreführende Werbung, geringer ausfallen würden als der mit unlauterem Wettbewerb erzielte Gewinn, lohne sich ein unseriöses Verhalten.

Schließlich sei auch die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung zu erleichtern. Immer mehr Anbieter würden sich vom Ausland aus gezielt an die österreichischen Konsumenten wenden.

Hundstorfer fordert mehr Transparenz

Rudolf Hundstorfer (SPÖ), Minister für Soziales, Arbeit und Konsumentenschutz, meinte dazu, dass "eine neue EU-Verbraucherschutzrichtlinie im Herbst beziehungsweise Winter 2009 wieder EU-Agenda ist".

Er setze sich für "die Verbesserung der Transparenzvorgaben bei Vertragsabschluss ein". Ebenso forderte der Minister eine "substanzielle Verbesserung des derzeitig geltenden Rücktrittsrechts durch ein unbefristetes Rücktrittsrecht, wenn den Informationsverpflichtungen über den Preis und über das Rücktrittsrecht nicht entsprochen wurde".

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(futurezone/Claudia Glechner)