21.06.2005

EU-PARLAMENT

Rechtsausschuss lässt Softwarepatente durch

Wie erwartet hat der Rechtsausschuss des EU-Parlaments den umstrittenen Richtlinienentwurf zur Patentierbarkeit computergestützter Erfindungen - alias Softwarepatente [SWPAT] - am Dienstag durchgewunken. Damit hat die mächtige Lobby der europäischen Elektronikindustrie ihre Interessen gegen Allparteienbeschlüsse auf nationalen Ebenen wie im EU-Parlament ein Stück weiter durchgesetzt.

Mit einer Mehrheit von 16 zu zehn stimmten die Mitglieder des Rechtsausschusses für die Interessen von Siemens, Philips, Nokia und anderen europäischen Hardware-Riesen, die vom Umsatz her den europäischen Software-Markt dominieren.

Die 250 [!] Abänderungsanträge des EU-Parlaments zum Richtlinienentwurf wurden vom Rechtsausschuss en bloc abgeschmettert. Verlangt hatten diese Änderungen EU-weit verschiedene nationale Wirtschaftskammern, Verbände unabhängiger Programmierer und eine große Zahl kleiner bis mittlerer Software-Firmen - so genannte KMUs, die für den Softwaremarkt Europas wie auch den Österreichs typisch sind.

Das Ende des Privateigentums

Zum einen wollen die großen Hardware-Hersteller durch die Mit-Patentierbarkeit von Software die alleinige Dominanz über ihre Produkte - auch nachdem diese ein Kunde käuflich erworben hat - weiter fortschreiben.

Das heißt, das Eigentumsrecht des Käufers rechtmäßig erworbener Produkte wird zu Gunsten des Produzenten weiter eingeschränkt. Damit bestimmt allein der Verkäufer, wer das Service für seine Produkte übernehmen darf und wer nicht. Auf Grund des kommenden EU-Patentrechts wird den Eigentümern von Handys, Autos und Waschmaschinen jeglicher Eingriff in das Gerät schlicht verboten, der nicht vom Hersteller abgesegnet ist.

Patente als Waffen

Man braucht Patente auf Software nämlich noch zu einem anderen Zweck, der ebenfalls nichts mit dem Schutz des erfinderischen Genius, sondern mit Marktrealitäten und Gewinnaussichten zu tun hat.

Im Informationszeitalter sind Patente für Konzerne Waffen. Sie erfüllen keinen weiteren Zweck, als Konkurrenten daran zu hindern, lukrative Marktsegemente auszubeuten, die man für sich alleine haben will, und um Partner zu begünstigen.

Aus diesem Grunde decken sich die Großen bei den US-Patentämtern, bei denen man sich als finanzkräftiger Multi von Ideen, Geschäftsmethoden bis zu mathematischen Formeln alles patentieren lassen kann, wonach das Herz begehrt.

In Europa wurde diese Praxis vom Europäischen Patentamt - obwohl bisher rechtlich überhaupt nicht abgedeckt - unter der Hand ebenfalls eingeführt.

Vom "Dowload-Balken" bis zum Online-Shop als Idee wurden nachträglich Anwendungen patentiert, die im angehenden 21. Jahrhundert schon fast eine Dekade lang zu den Trivia des elektronischen Alltags gehören und absolut nichts Innovatives mehr an sich haben.

Dass die Ausweitung des Patentrechts auf Software schon vom Prozedere absurd ist, zeigt ein Blick auf die Realitäten des Markts.

Im Moment liegen die Innovationszyklen für Software weltweit bei etwa einem halben Jahr. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Patentantrags beträgt mindestens das Dreifache.