"Patente keine Gefahr für Linux"
Mit dem Versuch, asiatische Regierungen vom Einsatz von Linux abzuschrecken, hat Microsoft-Chef Steve Ballmer vergangene Woche für Aufsehen gesorgt.
Das freie Betriebssystem verstoße gegen mehr als 228 Patente, zitierte Ballmer eine Studie des Versicherers Open Source Risk Management [ORSM].
Nun hat sich Dan Ravicher, der Autor dieser Studie, zu Wort gemeldet und wehrt sich gegen eine falsche Auslegung.
Denn seiner Meinung nach hat Ballmer die Kernaussage seiner Studie nicht verstanden: "Open-Source-Produkte sind rechtlichen Risiken nicht mehr, sondern eher weniger als proprietäre Software ausgesetzt."
Ballmer sprach in Singapur von "mehr als 228" patenrechtlichen Verletzungen. In Ravichers Studie geht es um 283 Fälle.

Verunsicherungstaktik?
Seiner Meinung nach verfolgt Microsoft die FUD-Strategie [Fear, Uncertainty, Doubt]: Furcht, Unsicherheit und Zweifel sollen die Entscheider dazu bringen, sich auf die "sichere" Seite [Microsoft] zu schlagen.
Viele Patente beziehen sich laut Ravish auf spezifische Strukturen, die spezifische Funktionen erreichen sollen. Das geschieht in offener wie auch in proprietärer Software.
Auf welchem Weg eine Software dabei vertrieben wird, ist für die Anwendung von Patenten eigentlich egal.
"Kein einziges Open-Source-Programm wurde bis dato wegen einer Patentverletzung geklagt. Im Gegensatz gibt es bei proprietärer Software, wie Windows, regelmäßig Patentstreitigkeiten," so Ravish.
Microsofts Ankündigung, in den kommenden zwölf Monaten 50 Prozent mehr Patente anzumelden als im Jahr davor, kommt just zu jenem Zeitpunkt, an dem sich Microsoft verstärkter Konkurrenz durch Open-Source-Software ausgesetzt sieht.

Asien gegen Windows
Anlass für die umstrittene Aussage Ballmers war das Asian Government Leaders Forum in Singapur.
Immer mehr asiatische Staaten liebäugeln mit einem Umstieg auf Linux. Zuletzt hatte das Singapurer Verteidigungsministerium 20.000 PCs auf Open Source umgestellt.
Auch Japan, China und Südkorea haben im Frühjahr endgültig beschlossen, gemeinsam ein auf Linux basierendes Betriebssystem als Windows-Alternative zu entwickeln.
Es ist das erste Abkommen, das große Wirtschaftsmächte in dieser Art geschlossen haben. Die drei Staaten wollen private Firmen dabei unterstützen, Linux für den lokalen Markt zu entwickeln.