Die größte Kundendatenbank der Welt
Die US-Supermarktkette Wal-Mart gehört zu den größten Unternehmen der Welt: In den USA gibt es nicht weniger als 3.600 Geschäfte, die wöchentlich von 100 Millionen Kunden besucht werden.
Bereits früh hat der Retailer auf Data-Mining gesetzt. Eine massive IT-Infrastruktur, die alle Filialen miteinander vernetzt, sammelt die Daten und speist die weltgrößte Kundendatenbank.
Nicht weniger als 460 Terabyte an Daten werden in den Rechenzentren gespeichert. Die dazugehörigen Mainframes kommen von NCR.
Schon im Jahr 1991 wurde die Basis für das heutige Data-Mining-Zentrum erstellt. Damals wurden insgesamt vier Milliarden Dollar investiert, um die Filialen der Supermarktkette zu vernetzen und zentral Daten zu sammeln.
Meiste Daten von Scannerkassen
Die meisten Daten werden an den Scannerkassen gewonnen - sowohl
über Produkte als auch die Kunden. Die meisten Daten werden ohne
Ablaufdatum gespeichert und wird ständig durch diverse Rechenmodelle
geschickt, um zum Beispiel zu beantworten, wieviel Kassiere künftig
zu bestimmten Zeiten benötigt werden oder bei welchen Ereignissen
welche Produkte am ehesten gefragt sind.

Törtchen und Bier vor Hurrikan
So kam man auf durchaus überraschende Daten - vor den Hurrikans im Süden der USA stieg der Umsatz von Erdbeertörtchen um das siebenfache. Topseller Nummer eins blieb jedoch das gute alte Bier.
All diese Daten sind bares Geld wert. Jeden Samstag hält das Unternehmen Meetings ab, um die aktuelle Lage zu besprechen. Die Daten werden streng gehütet - viel Geld wird für die Sicherheit ausgegegeben, darüber hinaus gibt Wal-Mart seinen Datenschatz seit drei Jahren nicht mehr an andere Unternehmen weiter. Nur wenige Zulieferer haben Zugang - dann aber auch nur zu den Infos, die ihre eigenen Produkte betreffen.
Das US-weite IT-Netz mit dem Codenamen "Retail Link" soll ab nächstem Jahr um eine Facette erweitert werden - erstmals werden so genannte RFID-Chips auf Paletten und Produkten zum Einsatz kommen. Diese ermöglichen es Wal-Mart, den Weg eines Produkts vom Hersteller bis zum Endkunden zu verfolgen - eine Tatsache, die Datenschützer auf die Barrikaden steigen lässt.
Kontrolle der Lieferanten
Die bis dato und künftig gewonnenen Daten werden für eine
Vielzahl von Zwecken verwendet. So werden ständig Lagerstände
kontrolliert und neue Produkte auf deren Basis nachbestellt. Die
Zentrale in Bentonville sieht anhand geografischem Data Mining, wo
sich welche Produkte am besten verkaufen. Gleichzeitig werden
Lieferanten kontrolliert, da verspätete Lieferungen oder gehäufte
Retouren durch spezielle Algorithmen leicht aufgedeckt werden.

Produktmix entscheidend
Wal-Mart betont, dass das Kaufverhalten von einzelnen Kunden weniger von Interesse sei. "Zu wissen, was ein einzelner Kunde für Sachen kauft, ist nicht relevant", so Linda M. Dillman, Chief Information Office von Wal-Mart. "Uns beschäftigt viel mehr, welche Produkte zusammen mit gewissen anderen gekauft werden". So kann der optimale Mix zwischen Tiefpreisprodukten und normal gepreisten Gegenständen gefunden werden.
Dass das Übermaß an Informationen auch zum Nachteil gereichen kann, musste das Unternehmen vor drei Jahren feststellen. Damals reichten sechs Frauen eine Klage wegen Unterbezahlung der weiblichen Angestellten ein - und wollen per Gericht die riesige Datenbank anzapfen, um auf Knopfdruck die Praxis der geringeren Entlohnung von Frauen nachweisen. Heuer wurde die Klage zu einer Sammel-Vertretungsklage für alle 1,6 Millionen derzeitige und ehemaligen weiblichen Wal-Mart-Angestellten ausgeweitet.