SWIFT: Keine SEPA-Daten für die USA
Die Überweisungsdaten im Rahmen des europäischen Zahlungsraums SEPA, der heute eröffnet wird, werden von SWIFT nicht gespeichert. Die österreichischen Banken zeigen sich mit dem Stand der Vorbereitungen zufrieden, Begeisterung will in der Branche jedoch nicht aufkommen.
"Das Projekt SEPA ist ein wichtiger Teil des EU-Binnenmarkts. Und von dem hat Österreich vom Beitritt angefangen bis jetzt zur Osterweiterung immer nur profitiert", sagte Gerald Friedl, Sprecher des Finanzministeriums, zum heutigen Start von SEPA [Single Euro Payments Area] zu ORF.at.
Bei der Vereinheitlichung des europäischen Zahlungsraums handle es sich um ein "sicher längerfristiges Projekt", bei dem freilich die Vorteile für alle überwiegen würden.
"Konsumenten sollten profitieren"
Sowohl für Banken - Stichwort "Kostenersparnis" wie auch für die Konsumenten würden letztlich die Vorteile überwiegen, davon ist man zumindest im Finanzministerium überzeugt.
Nur wenn SEPA plangemäß starte und ab Montag "schrittweise" immer breiter zur Verfügung stehe, könne auch die Zahlungsdienstrichtlinie wie erforderlich 2012 umgesetzt werden, hieß es weiter aus dem Ministerium.
Und diese Richtlinie sehe nun einmal vor, dass ab dann Überweisungen europaweit binnen Tagesfrist ihr Zielkonto erreichen müssten, "davon sollten die Konsumenten doch letztlich profitieren".
Die Kosten der Umstellung
Die BAWAG PSK ist nach eigenen Angaben ab sofort bereit, Kartenzahlungen und Überweisungen nach SEPA-Standards durchzuführen. Lastschriften, also Konto-Einzugsermächtigungen, sollen ab November 2009 möglich sein.
Generell hält sich die Begeisterung im von der US-Immobilienkrise gebeutelten Bankensektor freilich in Grenzen, zumal sich die Umstellung auf einen völlig neuen Datenbankstandard alleine in Österreich mit geschätzten 250 Millionen Euro zu Buche schlägt.
"Banken gerüstet"
Das bestätigte am Freitag auch der Geschäftsführer der Wirtschaftskammer-Sparte Bank und Versicherung, Herbert Pichler.
Die österreichischen Banken seien für die Umstellung gerüstet, erklärte Pichler, der auch auf die hohen Investitionskosten für die Kreditwirtschaft hinwies: "Diese betragen einmalig zwischen 100 und 200 Millionen Euro, weiters wird die Übernahme der EU-Zahlungsdiensterichtlinie nach einer McKinsey-Studie aus dem Vorjahr jährliche Kosten von etwa 136 Millionen Euro für die österreichische Kreditwirtschaft mit sich bringen."
Hashes gegen Fehlerraten
Noch nicht abschätzbar sind die zu erwartenden Zusatzkosten durch Fehlbuchungen, denn alleine aufgrund der deutlich längeren Kontonummern, die bis zu 32 Stellen umfassen können, steigt die statistische Fehlerrate.
Die versucht man seitens der Banken durch Checks der Prüfsummen [Hashes] möglichst klein zu halten. Wie effizient das ist, wird sich erst zeigen, wenn eine kritische Masse der Endverbraucher statt der bisherigen Kontonummern und Bankleitzahlen die neuen internationalen Formate IBAN [Internationale Kontonummer] und BIC [Bankleitzahl] benutzt.
SEPA und SWIFT
Die Befürchtung, dass den US-Behörden nach Einführung von SEPA noch weit größere Datenmengen zur Verfügung stehen werden, dürfte mittlerweile nicht mehr begründet sein.
Bekanntlich erhalten die US-Finanzbehörden seit 2002 unter Beschlagnahmedrohungen von der internationalen Bankverkehrszentrale SWIFT laufend große Mengen von Datensätzen aus dem internationalen Zahlungsverkehr.
Die SWIFT-Datencenter
Das ist nur deshalb möglich, weil eines der SWIFT-Datencenter auf US-Boden steht. Dort landen auch alle Daten aus Europa, denn nach den Regeln des internationalen "Data-Warehousing" werden sämtliche Datensätze an drei verschiedenen, von einander weit entfernten Orten gespeichert.
Dies geschieht, um das weltweite Zahlungssystem auch im Fall von Naturkatastrophen oder Terroranschlägen funktionsfähig zu erhalten. Eines der beiden Reserve-Datenzentren übernimmt dann alle Funktionen des ausgefallenen, um einen weltweiten Super-GAU des Zahlungsverkehrs abzuwenden.
Einstweilige Verfügungen
Diesen Umstand machen sich die US-Behörden insofern zunutze, als sie mit administrativ verhängten einstweiligen Verfügungen - also ohne Einschaltung eines ordentlichen Gerichts - die Herausgabe von Daten erzwingen. Laut Angaben von SWIFT werden darunter keine SEPA-Daten sein.
Die innereuropäischen Überweisungen werden von SWIFT nämlich auf "Basis eines anderen Dienstes lediglich übermittelt und nicht archiviert", heißt es in einem Schreiben von SWIFT an ORF.at.
"SEPA-Daten nicht archiviert"
"Hier ist unbedingt zu beachten, dass SWIFT verschiedene Dienste für die Übermittlung von Finanznachrichten betreibt, dass aber nur über den FIN-Service übermittelte Nachrichten archiviert werden.
SEPA-Zahlungen erfolgen auf Dateibasis und nutzen einen anderen Service namens FileAct. Bei 'FileAct' speichert SWIFT die Daten nur für den begrenzten Zeitraum, der für die Übermittlung erforderlich ist. FileAct-Dateien werden nicht archiviert", verlautete aus der SWIFT-Zentrale.
SWIFTs ISO-Standard
Die internationale Finanztransaktionszentrale hat zwar bei der ISO-Standardisierung des für SEPA verwendeten, neuen Universal Financial Industry Message Scheme [UNIFI] federführend mitgewirkt. Dennoch bedeutet das nicht, dass SEPA-Überweisungen prinzipiell über das SWIFT-Netz abgewickelt werden.
In Österreich und in praktisch allen anderen entwickelten Staaten unterhalten die Banken seit Jahrzehnten eigene bilaterale Netze zum elektronischen Geldverkehr, darüber werden auch die weitaus meisten Transaktionen abgewickelt.
In Österreich beträgt der Anteil von Auslandsüberweisungen laut Angaben des Finanzministeriums aktuell etwa fünf Prozent des gesamten Zahlungsverkehrs.
SWIFT-Vorstand Francis Vanbever hatte gegenüber ORF.at im Juni 2007 zwarbereits erwähnt, dass es sich bei SEPA-Daten um reine Durchlaufposten handle, das aber nicht näher ausgeführt.
Ein Rechenzentrum in der Schweiz
Seitens von SWIFT wurde im Schreiben an ORF.at erneut betont, dass nach Fertigstellung des neuen Rechenzentrums in der Schweiz alle innereuropäischen Transaktionsdaten, die bisher vier Monate lang in den USA gespeichert sind, auch innerhalb Europas verbleiben werden.
Zudem würden durch die eingezogenen Sicherheitsmaßnahmen der Zugang zu den erhobenen Daten für die US-Behörden stark eingeschränkt.
Einmal NSA und zurück
Das große öffentliche Misstrauen seit Auffliegen der SWIFT-Affäre im Jahr 2006 resultiert nicht zuletzt daraus, dass es in der Chefetage der beigezogenen Consulting-Firma Booz Allen Hamilton von ehemaligem US-Geheimdienstpersonal und anderen Proponenten des militärisch-elektronischen Komplexes nur so wimmelt.
Von Beginn der SWIFT-Affäre bis 2006 war der ehmalige NSA-Direktor Mike McConnell einer der Vizepräsidenten von Booz Allen. Anfang 2007 wurde McConnell dann zum obersten Geheimdienstkoordinator der Regierung Bush berufen.
Bei seiner Antrittsrede im Jänner 2007 betonte der neue Koordinator von 16 US-Geheimdiensten, dass er trotz seines Abgangs als NSA-Direktor vor zehn Jahren die "Intelligence Community" eigentlich nie wirklich verlassen habe.
(futurezone | Erich Moechel)