04.08.2004

TEILWEISE

Weg frei für Linux in Wien

Nun folgt auch Wien dem Beispiel Münchens und wird, zumindest teilweise, Linux auf den Magistrats-Arbeitsplätzen Einzug halten lassen.

Ab dem 2. Quartal 2005 können die Mitarbeiter [bzw. deren Abteilungsleiter] auf rund 7.500 der 16.000 Computerarbeitsplätze entscheiden, ob sie lieber das Betriebssystem und die Office-Software von Microsoft nutzen oder mit freier Software arbeiten wollen.

Die Umstellung geschieht damit im weitaus geringeren Umfang als in München. Die Münchener stellten alle ihre Computer auf Linux um, da sie ihre ganze Hardware umgerüstet haben, was in Wien nicht notwendig sei, so der IT-Chef der Bundeshauptstadt, Erwin Gillich.

Sanfte Migration

Deshalb habe man sich für eine "sanfte Migration" entschieden, was auch die Umschulungskosten ganz erheblich reduzieren soll. Er geht davon aus, dass Linux am Anfang von jenen Mitarbeitern genutzt wird, die ohnehin gute PC-Kentnisse haben.

2006 soll es in Wien eine Evaluierung der bis dahin getroffenen Maßnahmen geben. Dann werde sich entscheiden, wie weiter vorgegangen werde, so Gillich. Wie viele Linux-User es bis dahin gebe, könne er heute noch nicht sagen.

Unbeeindruckt zeigte sich Gillich vom Rückzieher in München. "Wir vertrauen auf die Vernunft der EU-Abgeordneten, dass sie Open Source ermöglichen." Sollte es trotzdem Probleme geben und man müsse die Linux-Umstellung stoppen, sei auch noch nichts passiert, schließlich werde man für die Open Source-Erweiterung fast nichts investieren. "Unser Ansatz ist ein komplett anderer", so Gillich.

München legt Projekt auf Eis

München hat die Umstellung auf Linux vorerst auf Eis gelegt. Als mitverantwortlich dafür bezeichnet SWM Software-Marketing in einer Aussendung die Unterstützung der deutschen Bundesregierung für Softwarepatente in der EU.

Auf einer Mailingliste habe der oberste EDV-Verantwortliche der Stadt München, Wilhelm Hoegner, bekannt gegeben, dass die für Ende Juli geplante Ausschreibung des "LiMux Base Client" vorerst nicht starten könne.

Die Stadtverwaltung müsse nach einem Hinweis der Münchner Grünen zunächst die rechtlichen und finanziellen Risiken analysieren.

Bei der Stadt Wien ist zu hören, dass die Probleme der Bayern weniger mit den EU-Softwarepatenten als mit der vollständigen Umstellung auf Linux zu tun haben.

"Ohne Scheuklappen"

Der wesentliche Vorteil von Open Source sei nicht die Ersparnis der Lizenzabgaben, sondern die Möglichkeit der freien Programmierung dieser Software, was den Wirtschaftsstandort erheblich aufwerte, sagte dazu SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal.

Das Arbeitsplatzargument kann Microsoft Österreich nicht nachvollziehen. Kein Mensch habe ein Interesse, am Quellcode zu basteln, wie das bei Linux möglich sei, so Microsoft-Sprecher Thomas Lutz.

Man dürfe nicht vergessen, dass 30 Prozent aller offenen Software weltweit auf Windows laufe. Er begrüße aber, "dass die Stadt Wien die freien Kräfte des Marktes ohne ideologische Scheuklappen betrachte".