30.09.2003

BLUE CAR

Software legt immer mehr Autos lahm

Die immer komplexere Software in Autos ist Pannenursache Nummer eins: Fehler in der Elektronik seien inzwischen für 55 Prozent der Ausfälle verantwortlich, räumten Automobilhersteller und Softwareexperten zu Beginn der Fachtagung Informatik 2003 am Dienstag in Frankfurt ein.

Hauptursache sei das mangelnde Zusammenspiel zwischen Systemen verschiedener Zulieferer.

Von 1998 bis 2001 sei die Zahl der Pannen, die durch fehlerhafte Software verursacht wurden, um 23 Prozent gestiegen. Andere Ursachen hätten nur um drei Prozent zugenommen.

Werde nicht schnellstens gegengesteuert, könnten softwarebedingte Pannen in zehn Jahren zwei Drittel aller Defekte ausmachen, rechnet die Gesellschaft für Informatik [GI] vor.

Auto-IT-Markt boomt

Für die Autoindustrie werde die Informatik immer wichtiger, bestätigt Ulrich Weinmann, Geschäftsführer der BWM Car IT GmbH. Der Markt für Automobilsoftware wird sich einer Studie der Unternehmensberatung Mercer zufolge bis 2010 auf 100 Milliarden Euro vervierfachen.

Schon heute basierten 90 Prozent aller Innovationen im Auto auf Software oder Elektronik. "In einem Oberklasse-Wagen sind heute 70 oder 80 elektronische Steuergeräte drin", sagt Weinmann.

Früher kurbelte der Fahrer das Autofenster von Hand hinauf und hinunter, später übernahm das ein kleiner Motor, dann kam ein Sensor dazu, der verhindert, dass man sich die Finger einklemmt. Die Elektronikbauteile wurden nicht nur immer mehr, sondern auch immer komplexer. Das ist ein zweischneidiges Schwert: Zum einen macht Technik Autos sicherer und bequemer, zum anderen anfälliger.

Dank Klimaanlagen, Navigationssystemen und High-Tech-Stereoanlagen sind Autos für die Fahrer angenehmer geworden. Antiblockiersysteme [ABS], Stabilisierungshilfen [ESP], Bremsassistenten und piepsende Einparkhilfen haben den Verkehr sicherer gemacht.

Von Ingenieuren lernen

Allerdings häufen sich auch die Systempannen. Prof. Heinrich Mayr, Präsident der GI, macht dafür eine fatale Koalition aus immer kürzeren Entwicklungszyklen und immer komplexeren IT-Systemen verantwortlich:

"Bislang wird unterschätzt, dass der Entwicklungsprozess bei Software methodisch aufwendiger ist als in der Mechanik", sagt er. "Wir sollten von den Ingenieuren lernen - auch was Gründlichkeit angeht." Er wünsche sich einheitliche Standards für alle Hersteller, Zulieferer und Programmierer.

Das würde auch bei einer Panne der Werkstatt die Arbeit erleichtern. Denn die ist nicht selten überfordert wegen der Vielzahl der Elektronikbauteile im Wagen: "Die Komplexität in der Automobilindustrie ist dramatisch hoch", sagt Erich Nickel, Direktor für Automobil-Software bei IBM.