Warum Wien Windows bleiben wird
Die durch die Entscheidung der Münchner Stadtverwaltung auf Linux umzusteigen, in der Stadt Wien ausgelöste Umstiegsdiskussion dürfte im Herbst womöglich weniger spannend verlaufen, als es vorerst den Anschein hatte.
Es stimmt natürlich, dass auf Server-Seite bereits weit mehr Rechner unter Linux, BSD und Kommerz-Unix [etwa 350] in der Wiener Verwaltung laufen, als Windows-Server.
Während in München auf etwa 14.000 Workstations immer noch NT regiert, sind kurz nach der Jahrtausendwende in die Wiener Verwaltung um die 100 Windows 2000 Server eingezogen. Dreißig davon betreiben ein Dokumenten-Workflow-System, das sich quer über alle Verwaltungsbereiche erstreckt.
Eine Nachfrage bei Microsoft Österreich ergab, dass Windows 2000 bis in das Jahr 2008 unterstützt wird. Die Unterstützung für das im Münchner Einsatz befindlich NT läuft hingegen aus.

MS-Exchange tief drinnen
Microsoft Exchange wiederum wird in Wien nicht nur als reines Mail-System betrieben, sondern ist als Tool Flächen deckend für "Messaging und Collaboration" im Einsatz. Das heißt, es ist weit tiefer in den Arbeitsabläufen verankert, als bloße E-Mail.
Dem entsprechend wird seine Ersetzung durch ein auf Linux/BSD Äquivalent ungleich schwieriger zu argumentieren sein, als etwa in München.
Das Netz dort soll nach übereinstimmender Auskunft mehrerer Fachleute ziemlich dezentral und damit gestückelt gewachsen zu sein, womit ein Upgrade auf Win2000/XP samt Vereinheitlichung der Netzstruktur schon eher einem Systemumstieg gleichkommt.
Drei politische Gründe
Zu diesen Gründen kommen noch mindestens drei aus der Politik.
Während der Münchner Beschluss von der rot-grünen Stadtregierung
gefasst wurde, handelt es sich in Wien um eine Forderung der grünen
Opposition an die rote Stadt. Die will es sich im September erst
überlegen, ob die Angelegenheit geprüft wird, oder nicht.

Da war noch SuSE
Dazu kommt, dass mit dem Linux-Distributor SuSe ein führendes Unternehmen der Open Source Branche im selben Bundesland, nämlich im benachbarten Nürnberg sitzt.
Und: Bevor Wien München werden könnte, muss München gewissermassen erst München werden, müssen die Pläne erst auch im wirklichen Leben umgesetzt werden.
Will heissen: Mal schauen, was geschieht, wenn sich die ersten Abteilungen der Münchner Stadtverwaltung dem KDE-Desktop Auge in Auge gegenübersehen.
In ersten Stellungnahmen an die fuZo begrüßten sowohl der Sprecher der Wiener FPÖ Harald Vilimsky, als auch Stadtrat Rudolf Schicker [SPÖ] eine ernsthafte Prüfung des Umstiegs auf Linux bzw. der Machbarkeit des Einsatzes von Linux am Desktop. Von Seiten der ÖVP blieb die Anfrage bis heute unbeantwortet.