München steigt auf Linux um
Als erste deutsche Großstadt stellt München die rund 14 000 städtischen Computer vom Microsoft-Betriebssystem Windows auf das freie Betriebssystem Linux um.
Das Plenum des Stadtrats in der bayerischen Landeshauptstadt fasste am Mittwoch einen entsprechenden Grundsatzbeschluss. Der Entscheidung wird eine wichtige Signalwirkung für andere Kommunen beigemessen.
Die Kosten der mehrere Jahre dauernden Umstellung werden einschließlich Personal- und Schulungskosten auf knapp 30 Millionen Euro taxiert.
Oberbürgermeister Christian Ude [SPD] begrüßte in einer ersten Reaktion die Entscheidung des Stadtrats. Damit sorge München nicht nur für größere Hersteller-Unabhängigkeit, sondern auch für mehr Wettbewerb im Software-Markt, so Ude.
Größere Unabhängigkeit
Der Stadtrat begründete seinen Beschluss unter anderem mit einer
größeren Unabhängigkeit von einzelnen Herstellern. Man sei künftig
nicht mehr gebunden, wenn ein Hersteller sage, dass man auf eine
neue Variante seiner Software umstellen müsse, hieß es.

"Fall der Mauer"
"Das kann man mit dem Fall der Mauer vergleichen", kommentierte SuSE-Vorstandschef Richard Seibt das Ergebnis. "Ich denke, das ist die größte Entscheidung im Bereich E-Government in Europa, vielleicht sogar in der ganzen Welt." Das Konkurrenzangebot zu Microsoft stammt von den Unternehmen IBM und SuSE Linux.
Für Deutschlands IBM-Chef Walter Raizner ist die Entscheidung der Ritterschlag für Linux in der öffentlichen Verwaltung. "Durch diesen Entschluss setzt München ein Zeichen für alle Kommunen sowie den Mittelstand, sich aus der Umklammerung eines Monopols zu befreien", so Martin Häring, Marketing-Direktor von Sun.
Microsoft-Sprecher Hans-Jürgen Croissant glaubt nicht an einen Domino-Effekt: "Wir sind der Überzeugung, dass unser Angebot das wirtschaftlichste war." Microsoft sehe in der Stadtverwaltung München weiterhin einen wichtigen Partner und Kunden, mit dem man etwa im Bildungsbereich gut zusammen arbeite.
Rabattangebote von Microsoft
Trotz weit reichender Rabattangebote des Computerriesen Microsoft hatten sich die Fraktionen des rot-grünen Rathausbündnisses bereits am Montag für die Umstellung ausgesprochen und damit entscheidende Weichen gestellt.
Persönlicher Einsatz Ballmers
Im April hatte sich Microsoft-Chef Steve Ballmer persönlich nach München begeben um für seine Firma Sympathien zu erwerben. Auch Rabatte um die 15 Prozent wurden angeboten.
Nachdem am Monat eine erste Vorentscheidung für Linux gefallen war, forderte Microsoft eine Neuausschreibung des Vergabe, da Suse und IBM in Kenntnis des MS-Angebots ihr Angebot noch einmal verbessert hätten. Zudem sprach Microsoft von "ideologisch geprägten Vorurteilen".
Nach dem Stadtratsbeschluss soll die Verwaltung bis zum kommenden Frühjahr ein Feinkonzept für die Umstellung auf Linux sowie die Nutzung eines Office-Pakets aus dem Open-Source-Bereich erarbeiten. Erst danach werde es zur endgültigen Auftragsvergabe kommen, hieß es. Auch andere Anbieter könnten dann zum Zug kommen.
Vertrauen für Linux gewinnen
"Jetzt beginnt die Arbeit, in einem Feindesign die Dinge festzuhalten, die der Stadt wichtig sind", so SuSE-Chef Seibt. Außerdem müsse das Vertrauen der Mitarbeiter gewonnen werden, die an den neuen Computern arbeiten werden.