Präsidentschaftswahlkampf 2.0
Eine erste Schlacht um den Einzug ins Weiße Haus hat US-Senatorin Hillary Clinton gewonnen. Mit ihrer Website konnte sie über 150.000 zahlungswillige Unterstützer anlocken.
Damit schlug sie den bisher aussichtsreichsten Konkurrenten um die Kandidatur der Demokraten, Barack Obama, um Längen.
Der Senator aus Illinois begeisterte in der gleichen Zeit rund 100.000 Mitstreiter im Internet.
Diese Differenz gilt vielen als erstes Indiz für die Erfolgsaussichten der Kandidaten: "Heute ist es mit entscheidend, wer online seine Anhänger am besten mobilisiert", meint John Palfrey von der Harvard-Universität.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte es mit ihrem Video-Podcast vorgemacht - in Österreich wollte im letzten Wahlkampf allerdings noch keiner nachziehen.
Bemühen um ein junges Image
Besonders die Demokraten setzen auf die virtuelle Netzwelt - nicht zuletzt im Bemühen um ein modernes, jugendliches Image.
Neben Clinton und Obama gaben auch der ehemalige Senator von North Carolina, John Edwards, sowie der Gouverneur von New Mexiko, Bill Richardson, ihre Kandidatur online bekannt. Seitdem streuen die Wahlkampfmanager Erfolgsmeldungen von der virtuellen Front.
Hillary Clinton ließ sich im eigenen Chatroom mit Fragen bombardieren - rund 25.000 Amerikaner wollten auf diesem Weg mehr über die frühere First Lady zu erfahren.
Hauptfokus bleibt auf TV
John Edwards ließ seine Rede vor rund 1.000 Bürgern in der Stadthalle von Des Moines [Iowa] live ins Internet übertragen, wo nach Angaben des Edwards-Lagers über 50.000 Menschen zuschauten.
"Im Großen und Ganzen bleiben die Anforderungen gleich. Die Kandidaten müssen vor allem vor Ort Wahlkampf betreiben und ihren Fokus auf das Fernsehen legen", meint der Direktor des Forschungsinstituts PEW, Lee Rainie.
Trotz der steigenden Bedeutung des Webs, konzentriert sich der US-Wahlkampf aber weiter auf traditionelle Medien. Wissenschaftlern zufolge nennen 15 Prozent der Wähler das Internet als Informationsquelle, aber 69 Prozent informieren sich übers Fernsehen.
Blogger gewinnen an Bedeutung
An Bedeutung und Einfluss haben auch Blogger gewonnen. Auf den Gehaltslisten der Parteien stehen inzwischen ausgewählte Blogger als Experten für die Web-Welt.
Clinton informierte sich laut Palfrey persönlich bei besonders einflussreichen politischen Bloggern über ihre Sichtweisen - wohlwissend, dass deren Online-Kommentare bis zu 500.000 Menschen täglich lesen, beispielsweise bei Dailykos.com.
"Vor zehn Jahren wirkten vielleicht 100 Journalisten auf die wichtigsten Fernsehsendungen ein. Heute haben auch mindestens 1.000 Blogger Einfluss", meint Steven Clift, der für die Vereinten Nationen die Möglichkeiten des Internets für Demokratien erforschte.
Die Online-Videoplattform YouTube und die Online-Enzyklopädie Wikipedia gewinnen im US-Wahlkampf ebenfalls an Bedeutung. Sie werden von den US-Parteien vor allem zur Verunglimpfung der Konkurrenten genutzt.
Wahlkampfinanzierung übers Internet
Abgesehen von der Meinungsbildung hat das Web auch bei der Wahlkampffinanzierung immer mehr an Bedeutung gewonnen: Schon bei den Präsidentschaftswahlen 2000 sammelte der republikanische Senator John McCain online 7,5 Millionen Dollar [5,3 Millionen Euro].
2004 kam der demokratische Präsidentschaftskandidat Senator John Kerry schon auf 79 Millionen Dollar. Palfrey rechnet damit, dass Obama und Clinton deutlich mehr Geld im Internet auftreiben können.
Kleckerbeträge sind allerdings unerwünscht: 25 Dollar ist der niedrigste Betrag, der den beiden Demokraten per Kreditkarte überwiesen werden kann.
(dpa)