
EU: Weiter Zugriff auf SWIFT-Daten für USA
Ein neuer Streit über die vom Finanzdienstleister SWIFT gespeicherten Daten bahnt sich an: Die EU-Kommission will den USA dauerhaft Zugriff auf europäische Überweisungsdaten sichern. Der Ministerrat soll noch im Juli dem neuen Abkommen zustimmen.
Die von SWIFT gespeicherten Daten sollten aus Sicht der Kommission auch nach Inbetriebnahme des neuen SWIFT-Rechenzentrums in der Schweiz weiter den US-Behörden zur Verfügung gestellt werden, sagte EU-Kommissionssprecher Michele Cercone am Montag. SWIFT hatte das neue Rechenzentrum mit der erklärten Absicht errichtet, die Daten dem Zugriff der US-Behörden zu entziehen.
US-Zugriff durch doppelte Datenspeicherung
Über das Überweisungsnetzwerk SWIFT werden täglich fast 15 Millionen Finanztransfers zwischen über 8.000 Banken und anderen Finanzinstituten weltweit abgewickelt. 2006 wurde bekannt, dass die US-Behörden die Daten für ihre Ermittlungen zur Terrorfinanzierung abgreifen. Das war möglich, weil SWIFT die Daten bisher sowohl in einem Rechenzentrum in den Niederlanden als auch in einem Rechenzentrum im US-Staat Virginia speichert.
Mit dem Bau des neuen Rechenzentrums in der Schweiz, das im Herbst in Betrieb gehen soll, schafft SWIFT zusätzliche Speicherkapazitäten in Europa. Ziel sei, Transaktionen innerhalb Europas künftig nur noch in den beiden europäischen Betriebszentren zu speichern, kündigte das Unternehmen Ende 2007 an.
EU für spezielles Abkommen mit den USA
Die EU-Kommission will den USA nun aber durch ein spezielles Abkommen auch in Zukunft Zugang zu den europäischen Daten gewähren. Sie hätten sich als "absolut nützliche und wirksame Werkzeuge im Kampf gegen den Terrorismus" erwiesen, so Cercone. "Der Zugriff der USA sollte weiter sichergestellt werden." Die Kommission hoffe, dass die EU-Regierungen ihr ein Mandat für entsprechende Verhandlungen erteilten.
Keine klaren Regeln für Widersprüche
Cercone betonte, die Kommission habe den Umgang der US-Behörden mit den SWIFT-Daten von dem französischen Untersuchungsrichter Jean-Louis Bruguiere untersuchen lassen. Dieser sei zu dem Schluss gekommen, dass die US-Datenschutzvorkehrungen zufriedenstellend seien.
Auf Nachfrage räumte der Kommissionssprecher allerdings ein, es gebe noch keine Regeln dafür, wie betroffene Bürger Widerspruch gegen die Verwendung ihrer Daten einlegen könnten. Das solle mit den US-Behörden langfristig geklärt werden, zunächst einmal gehe es nur um den Abschluss eines vorläufigen Abkommens, "damit keine Sicherheitslücke entsteht".
Die bei der Analyse der SWIFT-Daten in den USA gewonnenen Erkenntnisse tragen nach Darstellung der EU-Kommission maßgeblich zur Terrorismusbekämpfung auch in Europa bei. Ob die EU-Staaten die Daten künftig selbst abgreifen und analysieren sollten, sei eine offene Frage, sagte Cercone.
Laut einem Bericht des "Handelsblatts" von Montag, das sich dabei auf Quellen aus dem Umfeld des EU-Ministerrats bezieht, sollen die 27 EU-Botschafter den Kommissionsvorschlag noch am Mittwoch bestätigen. Am 27. Juli sollen die Außenminister zustimmen. Anschließend könne die EU die Verhandlungen mit den USA aufnehmen, in Kraft treten soll das Abkommen dann im September. Das EU-Parlament und Datenschützer Peter Hustinx hatten wiederholt vor der Übermittlung der Bankdaten in die USA gewarnt.
Laut "Handelsblatt" plant die EU auch, den gemeinsamen europäischen Zahlungsraum SEPA systematisch zu überwachen. Das hatte die Kommission bisher stehts dementiert. Da der Vertrag von Lissabon nicht in Kraft ist, können Ministerrat und Kommission hier am Parlament vorbeiregieren.
SWIFT selbst hatte in der Vergangenheit immer betont, dass es sich bei den SEPA-Daten um "reine Durchlaufposten" handle, die Daten also nicht auf Vorrat gespeichert würden.
(APA/AP/futurezone)