10.12.2000

KONSTANTE

Bildquelle: waldt

TV und Netz in friedlicher Ko-Existenz

Angesichts der explosionsartigen Zunahme der Internet-Nutzung hat mancher Medienguru das "alte" Medium Fernsehen bereits für tot erklärt.

Und Zahlen wie etwa aus der letzten ARD/ZDF-Online-Studie scheinen dies auch vordergründig zu untermauern: Etwa ein Drittel der Internet- Benutzer gibt an, dass ihre Zeit im Netz zu Lasten des TV-Konsums geht.

Auf einer Podiumsdiskussion in Hamburg wurde von Medienexperten letzte Woche dennoch ein differenzierteres Bild von der Konkurrenz der beiden Medien gezeichnet.

Für einen Abgesang auf das Fernsehen gibt es beispielsweise aus Sicht des Medienforschers Uwe Hasebrink keinen Anlass: In einer Untersuchung für die Hamburger Landesmedienanstalt [HAM] kommt er zum Ergebnis, dass zumindest auch im Jahr 2005 das Fernsehen weiterhin noch seine überragende Rolle in der öffentlichen gesellschaftlichen Kommunikation behalten wird.

TV stellt Konsum-Gemeinschaft her

Hasebrink ist sich sicher, dass das Vollprogramm mit seinen gängigen Programmformaten von der Talkshow bis zur "Tagesschau" weiterhin eine wichtige Integrationsfunktion für die Gesellschaft behalten wird.

Auch künftig werde es Sendungen geben, die Millionen von Menschen gleichzeitig an das Fernsehgerät fesselten. "Das Tolle am Fernsehen ist, dass ich weiß, dass auch andere dasselbe gucken".

Hasebrink glaubt, dass es keinen Verdrängungswettbewerb zwischen Internet und Fernsehen geben wird. Im Schnitt sei der TV-Konsum auch unter den Jüngeren, die besondern gerne "surfen", in den vergangenen Jahren stabil geblieben - weil insgesamt einfach mehr Medien konsumiert werden.

"Anthropologische Konstante"

Auch die TV-Kritikerin der "Zeit", Barbara Sichtermann, wies auf soziologische Gegebenheiten des TV-Konsums hin.

Als "anthropologische Konstante" bezeichnete sie das Verhalten des Zuschauers etwa eines Krimis, sich nicht noch interaktiv an der Suche nach dem Täter beteiligen zu wollen: "Warum soll das Publikum die Arbeit des Dramaturgen übernehmen?", meinte Sichtermann.

Individualisierung garantiert

Trotz des festen Glaubens an die Macht des Fernsehens waren sich Medien-Experten einig, dass das Internet die Individualisierung des Medienkonsums enorm beschleunigen wird.

Auch beim Fernsehen wird die in den nächsten Jahren bevorstehende Digitalisierung mit einer Vervielfachung der Programme den Trend zum Special-Interest-Kanal begünstigen.

Zwischen Internet und Fernsehen ist demnach eher von einer "Parallelisierung und nicht Kannibalisierung" der Märkte auszugehen.