Roboter erziehen Kinder und betreuen Senioren
Nachdem Tamagotchis, Furbys und vor allem in Japan ungezählte noch "intelligentere" Spielzeugroboter immer stärker zu emotionalen Bezugspunkten für Kinder und teils auch Senioren geworden sind, will jetzt die Soziologie-Professorin Sherry Turkle vom Massachussets Institute of Technology [MIT] anhand des "Spielzeugs" die Beziehungen zwischen Mensch und Maschine neu definieren.
"Bisher waren allein wir Menschen zu Gefühlen fähig", sagt sie. "Nur Menschen konnten fühlen, riechen, sehen sowie schmecken und hatten eine Seele - das könnte sich jetzt aber ändern."
"Mein Furby ist lebendig, weil er mich lieb hat."
Nicht mehr fern liege demnach der Gedanke, dass Kinder ihre
Roboter lieber haben als ihre Eltern, sagt Turkle. Sie habe einen
fünfjährigen Buben gefragt, ob Furbys lebendig seien, erzählt sie.
"Ja, hat er gesagt, mein Furby ist lebendig, weil er mich lieb hat."
Ein Neunjähriger habe geantwortet: "Ich glaube, dass mein Furby
lebt. Aber er braucht nichts zu essen. Also ist er so lebendig, wie
man eben sein kann, wenn man nichts isst." Aber Furbys und Sonys
Robterhund "Aibo" sind erst der Anfang einer neuen
Spielzeuggeneration.

Befriedigung durch Chip-Umsorgung
"In herkömmliche Puppen projizieren Kinder ihre Wünsche oder Bedürfnisse", sagt die Wissenschaftlerin Turkle. "Diese neuen Puppen aber zwingen den Kindern ihre Bedürfnisse auf. Jetzt haben die Kinder Verpflichtungen." Zum ersten Mal würden Heranwachsende auf diese Weise Befriedigung daraus ziehen, Computer zu umsorgen.
Auch die Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen könnten die elektronischen Spielkameraden beeinträchtigen. Kinder, so Turkle, orientieren sich in ihrer Entwicklung an ihrer Umwelt und analysieren, wie sie sich ständig verändert.
"Deshalb reizt manche Kinder die Geradlinigkeit und Berechenbarkeit von Robotern, weil sie es da einfacher haben als in der Welt der Menschen."
Neben den reinen Spielzeug-Robotern kommen in Japan - immer schon Vorreiter der Entwicklung auf diesem Sektor - aber auch immer mehr Geräte, die zusätzlich mit anderen Funktionen aufgerüstet sind, auf den Markt.

Achtzigjährige streichelt Roboterkatze
Noch deutlicher wird der Bedeutungswandel von Spielzeugrobotern beim Einsatz als "Gesellschaft" und Überwachung für Senioren.
Sony-Konkurrent Matsushita verkauft in Japan bereits den Katzenroboter "Tama". Er ist für Senioren konzipiert und hat einen eingebauten Alarmknopf, um im Notfall Hilfe herbeizurufen.
"Es ist schockierend, wenn Sie das erste Mal eine Achtzigjährige eine Roboterkatze streicheln sehen", sagt Turkle. Hier stellt die Expertin die Gewissensfrage: "Was sagt das über uns und unsere Gesellschaft, wenn wir unsere Alten mit Robotern abspeisen?"
Nicht nur in Japan wird dieses Konzept zur Seniorenbetreuung verfolgt [siehe Link "Roboter imitiert Verhalten von Katzen"], sondern auch in den USA, wo Wissenschaftler der Universität Pittsburgh einen Roboter namens "Florence" entwickelt haben, der alten und chronisch kranken Menschen im Alltag helfen

"...sonst wird uns die Entwicklung überrollen"
Turkle will das neue Spielzeug nicht pauschal verdammen. Aber sie will eine Diskussion entfachen.
"Wir dürfen das nicht nur als Science-Fiction abtun, sondern müssen uns damit auseinander setzen. Auch wenn wir das nicht gerne tun. Sonst wird uns die Entwicklung überrollen."