Reaktionen auf das Microsoft-Urteil
Die Microsoft-Notierungen haben heute zunächst weiter nachgegeben. Der Kurs ging in den ersten Handelsminuten um 0,5 Prozent zurück. Derzeit pendelt er zwischen leichten Verlusten und Gewinnen.
Am Vortag hatten die Microsoft-Aktien in Erwartung des Schuldspruchs im Kartellprozess rund 80 Milliarden Dollar [83,72 Mrd Euro] an Wert verloren. Der Kurs brach um 14,47 Prozent auf 90,87 Dollar ein.
Auch der Technologieindex Nasdaq gab weiter nach. Nach 300 Minuspunkten am Montag waren es vom Handelbeginn bis 16.45 Uhr 56 Punkte. Aktien der Microsoft-Konkurrenz zogen dagegen leicht an.
Den gestrigen Absturz des MS-Aktienkurses erklärt David Presson, Vizechef der Analyseabteilung der Bank of America, mit einer bloßen Unsicherheit des Marktes.
Selbst bei einer Zerstückelung des Gates-Imperiums blieben immer noch drei große Firmen anstelle einer einzigen, erinnert Presson. "Die Zerschlagung ist aber das am wenigsten wahrscheinliche aller Szenarien."
Der Management-Professor der angesehenen kalifornischen Universität Stanford, Haim Mendelson, sieht nicht unterdessen Probleme, eine Zerschlagung in die Tat umzusetzen.
Die hinter Richters Jackons Urteil stehenden Erwägungen bezögen sich auf eine Struktur aus den 90er Jahren, die sich durch das Internet gerade radikal ändere. "Wie soll man jetzt noch sagen, wo ein Internet-Programm anfängt und wo es aufhört", sagt Mendelson.
Microsoft-Chef Steve Ballmer und Firmengründer Bill Gates gaben sich in ihren Stellungnahmen gelassen bis kämpferisch. Man habe das Urteil nicht anders erwartet, außerdem stehe sowieso nichts fest,

Urteil lenkt Programmierer von ihrer Arbeit ab
Am Microsoft-Firmensitz im US-Bundesstaat Washington schwankt die Stimmung der Beschäftigten unterdessen zwischen Gelassenheit und Ärger. Allmählich wächst auch in der Belegschaft des Konzerns von Bill Gates die Sorge um die Zukunft des Unternehmens.
"Bislang haben sich die Leute hier nicht besonders um den Fall gekümmert", sagte eine Softwareproduzentin heute zu Reuters. Aber das werde sich nun ändern: "Es lenkt uns immer mehr von unserem Job ab, und das können wir nicht gebrauchen."
"Ich habe heute etwas mehr als zwei Millionen Mäuse verloren", kommentierte ein 31-jähriger Angestellte, der wie viele Kollegen Aktien und Aktienoptionen seines Arbeitgebers besitzt. Für ihn ist das Kartellverfahren "purer Schwindel" und eine "wild gewordene Regierungsbürokratie" am Werk.
Der Chef von Microsoft Deutschland, Richard Roy, befürchtet nach dem US-Urteil gegen seinen Konzern einen steigenden Einfluss der Juristen auf den Markt.
"Gerichte könnten eine Menge mehr Regulierungsfunktionen bekommen. Das kann für den Kunden nur schädlich sein", sagte Roy in einem Gespräch mit der Berliner Tageszeitung "Die Welt".