Bitkom gegen staatlichen Backdoor-Zwang
Online-Durchsuchung schafft Unruhe
Der deutsche Hightech-Industrieverband Bitkom hat staatliche Stellen davor gewarnt, den Herstellern von Sicherheitssoftware vorzuschreiben, in ihren Produkten "Hintertüren" für Online-Durchsuchungen einzubauen.
Staatlicher Backdoor-Standard
"Das bringt wenig und schadet nur", sagte der Vizepräsident von Bitkom, Dieter Kempf, am Mittwoch in Berlin. Falls es für in Deutschland tätige Software-Hersteller zur Pflicht werde, für die Sicherheitsbehörden Schnittstellen einzubauen, habe die Branche Nachteile zu befürchten. Zudem wäre der Nutzen gering, weil Kriminelle mit einem Mausklick auf ausländische Anbieter von Firewalls und Viren-Scannern ausweichen könnten.
Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, August Hanning, bestritt eine Absicht, auf diese Art "Bundestrojanern" den Weg zu bahnen. "Es ist nicht daran gedacht, Unternehmen dazu zu verpflichten."
Innenministerium dementiert
Das Innenministerium und sein Ressortchef Wolfgang Schäuble [CDU] halten Online-Durchsuchungen von Computern verdächtiger Personen für unerlässlich im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.
Vorratsdatenspeicherung kommt teuer
Kempf wies abermals auf die hohen Kosten hin, die der deutschen IKT-Wirtschaft durch die Vorratsdatenspeicherung entstehen würden. Sein Verband veranschlagt 75 Millionen Euro Erstinvestition bei den Netzbetreibern, wobei die Kosten für Internet-Provider noch nicht eingeschlossen sind.
Die jährlichen Betriebskosten für die Überwachung und Speicherung sämtlicher Telefon- und Internet-Verbindungsdaten bezifferte Kempf auf einen Betrag "in zweistelliger Millionenhöhe". Er forderte, dass die TK-Anbieter für ihre Auskünfte vom Staat aus Steuergeldern adäquat entschädigt werden.
Bisher bekämen die Anbieter vom Staat für ihre Bemühungen 17 Euro pro Stunde, also so viel wie Zeugen in einem Strafprozess. Diese Entschädigung liege aber wesentlich unter den entstehenden Kosten, die Zahlungen in der Schweiz und in Österreich seien teilweise siebenmal so hoch.
Protest der österreichischen Wirtschaft
Die geplante Vorratsdatenspeicherung stößt auch bei der Wirtschaftskammer Österreich [WKÖ] auf wenig Gegenliebe.
"Die Speicherdauer von einem Jahr ist viel zu lange, die Kosten für die Wirtschaft sind enorm, und was mit den Datenbergen passiert, weiß keiner", sagte Hans-Jürgen Pollirer, Obmann der WKÖ-Bundessparte Information und Consulting, am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
(dpa | futurezone)
