WKÖ kritisiert Vorratsdatenspeicherung
Pollirer: Zu teuer, Verwendungszweck unsicher
Die geplante Vorratsdatenspeicherung - also die umstrittene Aufbewahrung von Kommunikationsdaten - stößt bei Hans-Jürgen Pollirer, Obmann der Bundessparte Information und Consulting der Wirtschaftskammer Österreich [WKÖ], auf wenig Gegenliebe.
"Die Speicherdauer von einem Jahr ist viel zu lange, die Kosten für die Wirtschaft sind enorm, und was mit den Datenbergen passiert, weiß keiner", so Pollirer am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
Pauschal speichern wird teuer
Die Länge der Datenspeicherfrist ist in Österreich noch umstritten. Während das Innenministerium für eine einjährige Speicherung sämtlicher Telefon- und Internet-Verbindungsdaten plädiert, halten das Justizministerium sowie das federführende Infrastrukturministerium eine Frist von sechs Monaten für ausreichend. Die EU-Richtlinie sieht ein Mindestmaß von sechs Monaten vor.
Wie ORF.at berichtete, arbeitet das europäische Telekom-Standardisierungsinstitut ETSI unter der Anleitung verschiedener europäischer Geheimdiensten bereits an der Definition einheitlicher Abfrageschnittstellen, über die Nachrichtendienste und Strafverfolger auf die Informationen aus der Data-Retention zugreifen können.
"Staatssicherheitsagenturen" machen Druck
Die Umsetzung der umstrittenen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in technische Standards besorgen federführend Geheimdienste. Das britische MI5, der deutsche Verfassungsschutz, die niederländische PIDS und andere "Staatssicherheitsagenturen" stehen hinter den aktuellen ETSI-Standards.
Überwachungskosten: Der Kunde zahlt
Der deutsche Hightech-Industrieverband BITKOM hat genauer ausgerechnet, was die Data-Retention die deutschen Bürger kosten würde. Zur Umsetzung des ehrgeizigen EU-Überwachungsplans müssten Netzbetreiber und Provider bis zu 75 Millionen Euro investieren, so der Verband in einer Aussendung vom 25. Oktober. Die jährlichen Betriebskosten für die Überwachung der Bürger bewegten sich im zweistelligen Millionenbereich.
Schwere Belastung für heimische Infrastruktur
Die Telekomunternehmen hätten für die bisherigen Überwachungsmaßnahmen bereits rund 25 Mio. Euro in Infrastruktur investiert, der laufende Betrieb schlage zusätzlich mit jährlich fünf Mio. Euro zu Buche. Bei der Vorratsdatenspeicherung würden sich diese Beträge vervielfachen, befürchtet der Spartenobmann.
Eine Speicherdauer von sechs Monaten sei mehr als ausreichend, da 95 Prozent der bisherigen Anfragen einen Zeitraum von drei Monaten betreffen würden. "Wozu ein ganzes Jahr notwendig ist, wissen wir nicht und stellen uns daher die Frage nach der Sinnhaftigkeit", sagte Pollirer.
Österreichischer Staatshaushalt belastet
Auch für den österreichischen Staat wird der pauschale Überwachungsplan immer teurer. Die beteiligten Ministerien verhandeln schon seit Juni über die Anpassungen in der Kostenersatzverordnung.
Gespeichert sollen vorerst nur Kommunikations- und Standortdaten des Telefonverkehrs werden, also wer wann mit wem wo gesprochen hat, aber keine Gesprächsinhalte. Internet und E-Mails sind erst ab 2009 betroffen, wie es auch die EU-Richtlinie vorsieht.
Zuletzt hatte sich der Präsident des Verfassungsgerichtshofes [VfGH], Karl Korinek, vehement gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. In Deutschland wird die Bürgerrechtlervereinigung AK Vorrat im Jänner die größte Verfassungsbeschwerde in der Geschichte der Bundesrepublik gegen die Vorratsdatenspeicherung einbringen. Auch am Europäischen Gerichtshof sind noch Klagen gegen den Überwachungsplan anhängig.
(APA | futurezone)
