"Letzte Meile" braucht mehr Wettbewerb
Der ehemalige EU-Kommissar und Universitätsprofessor Karel van Miert sieht Österreich bei der Liberalisierung des Telekom-Marktes insgesamt auf gutem Weg.
In einigen Bereichen wie Mobilfunk und Datenschutz liege Österreich im EU-Vergleich ganz vorne, hier gebe es genügend Wettbewerb. Handlungsbedarf sieht Van Miert allerdings im Zugangsmarkt ["letzte Meile"] und bei der mobilen Rufnummernportabilität.
In diesen Bereichen liege Österreich noch hinten, stellte der Wettbewerbsexperte fest. Vor allem auf dem Entbündelungsmarkt hinke Österreich nach, hier sei eine Verbesserung des Wettbewerbs "notwendig", auch in Bezug auf breitbandiges Internet. Breitband sei ein "wichtiger Hebel für Wachstum" und vor allem für die Wirtschaftsentwicklung wichtig. Auf diesem Markt müsse darauf geachtet werden, dass Ex-Monopolisten ihre Marktmacht nicht missbrauchen würden.
Um den Ausbau von Breitband-Internet voranzutreiben, wünscht sich die Telekom Austria [TA] von der Regierung mehr Anreize für Infrastrukturinvestitionen und höhere Breitbandförderungen. Die kürzlich abgesegneten Breitbandförderung in Höhe von zehn Mio. Euro gehe zwar "in die richtige Richtung", sei aber noch zu wenig, betonte TA-Generaldirektor Heinz Sundt.
Telekom-Markt wird heiß umkämpftTA will Entbündelungspreise nicht senken
Die TA könne den Mitbewerbern jedenfalls keine Entbündelungspreise "unter Kosten" anbieten, kommentierte Sundt die Forderungen der alternativen Telekom-Betreiber an die TA, diese zu senken.
Laut TA ist der Anreiz für alternative Betreiber für Infrastrukturinvestitionen vor allem wegen der niedrigen Zusammenschaltungsgebühren sehr klein.
Bei der TA solle im Zuge der anstehenden Privatisierung der österreichische Staat auch weiterhin zumindest eine Sperrminorität von 25 Prozent und einer Aktie an der TA halten, meinte Sundt, der sich dezidiert gegen eine Teilung der TA aussprach: Der TA-Konzern müsse auch künftig die beiden Bereiche Festnetz und Mobilfunk umfassen.
Ein strategischer Partner für die TA habe vor allem im Mobilfunkbereich Sinn. Die Gespräche mit der Swisscom seien zuletzt aus preislichen Gründen "gestrandet", ein anderer Partner sei zumindest im europäischen Umfeld angesichts der hohen Verschuldung europäischer Telekom-Konzerne derzeit allerdings nicht in Sicht.
Swisscom weiter an TA interessiertEU sieht ausreichend Wettbewerb
Der österreichische Telekom-Markt weist laut einem aktuellen Bericht der EU-Kommission im EU-Vergleich einen hohen Wettbewerb auf.
Im Festnetzbereich sei der Marktanteil der TA demnach sowohl bei Orts- wie Ferngesprächen als auch bei internationalen Gesprächen im EU-Vergleich relativ gering. Auf dem Breitband-Markt sei der TA-Marktanteil mit 31 Prozent der niedrigste innerhalb der EU. Das sei auf die starke Verbreitung von Kabelnetzbetreibern in Österreich zurückzuführen, so Sundt.
Für den gesamten europäischen Telekom-Sektor erwartet Van Miert auch künftig ein "ständiges Wachstum". Der europäische Telekom- und IT-Markt werde heuer um 3,7 bis 4,7 Prozent und damit schneller als der Gesamtmarkt wachsen, zumal das BIP-Wachstum der EU-Länder heuer auf 0,7 Prozent geschätzt werde, so Van Miert.
Zudem erwartet er eine weitere Konsolidierung auf dem Telekom-Markt. Verschuldete Telekom-Unternehmen würden sich wieder langsam erholen, der Mobilfunkbereich werde heuer stärker als im Vorjahr wachsen.
EU mahnt Telekom-Liberalisierung ein
