Adonis "Imageverlust" für Österreich
Mit scharfen Worten hat der Generaldirektor von Siemens Österreich, Albert Hochleitner, auf die vom Innenministerium verkündete Vertragsauflösung mit dem Konsortium master-talk zur Errichtung des digitalen Behördenfunknetzes Adonis reagiert.
Hochleitner sprach von einem "Imageverlust Österreichs und des Ministeriums, das nicht bereit ist, Verträge einzuhalten".
Bisher sei es nicht üblich gewesen, dass ein Vertrag mit dem Bund abgebrochen werde. Siemens, das an master-talk federführend mit 32,45 Prozent beteiligt ist, werde jetzt "das Unternehmen zurückführen und klagen". Master-talk-Geschäftsführer Hansjörg Tengg bezifferte die Schadenersatzforderungen mit "mehr als 100 Mio. Euro".
Im Errichtungs- und Betreibervertrag zwischen Innenministerium und master-talk ist laut Hochleitner klar festgehalten, dass das Innenministerium verpflichtet gewesen wäre, sich an den auflaufenden Kosten in der Errichtungsphase partnerschaftlich zu beteiligen. Aus seiner Sicht handle es sich bei Adonis um ein klares Public-Private-Partnership-Modell, und es sei schade, dass diese Finanzierungsform "in dieser Form kaputtgemacht wird".
Tengg sagte weiter, sein Unternhemen sei nun gezwungen, alle 90 Mitarbeiter beim AMS-Frühwarnsystem zur Kündigung anzumelden. Bis zum September soll die Mitarbeiterzahl auf eine "Rumpfmannschaft heruntergefahren" werden.

Wer zuerst gekündigt hat
Hochleitner legte auf die Feststellung Wert, dass der erste Schritt zur Vertragsauflösung am Mittwoch von master-talk ausgegangen sei. Vom Innenministerium sei bis Donnerstagmittag noch keine Kündigung eingelangt, "wir haben das nur aus den Medien gehört".
Laut Vertrag hätte das Innenministerium die Kosten für 24.500 Teilnehmer im Adonis-Netz tragen müssen. Master-talk habe sich verpflichtet, bis 2012/13 zusätzliche 55.000 Teilnehmer zu gewinnen. Erst nach dieser Laufzeit wäre ein Preis von "1.000 Euro oder weniger" je Endgerät zu kalkulieren gewesen.
"Die Erlöse der von uns zu bringenden Teilnehmer waren von den Gesamtkosten abzuziehen, und den Rest sollte das Innenministerium bezahlen. So lautete der Vertrag", sagte Hochleitner. Die Errichtung des 300 Mio. Euro teuren Netzes sei an sich problematisch, "wenn [vom Innenministerium] signalisiert wird, dass man die Kosten weder bezahlen will noch kann", so der Siemens-Chef.
"Wir haben uns deutlich hinausgelehnt", sagte Hochleitner. Es sei versucht worden, das Risiko zu teilen und die Volksbanken in das Konsortium hineinzunehmen, um für das Innenministerium eine "andere Tarifierung" zu erhalten. Das Innenministerium habe das aber abgelehnt. "Es ist nur ein ständiges Blockieren der Arbeit entstanden", so Hochleitner.

Republik könnte zurückklagen
"Wir hoffen nicht, dass es zu einem Rechtsstreit kommt", sagte unterdessen der für das Adonis-Projekt zuständige Abteilungsleiter im Innenministerium, Peter Skorsch. Derzeit werde geprüft, ob seitens der Republik Schadenersatzansprüche erhoben würden. Möglicher Schaden wäre die entstandene Zeitverzögerung.
Als Grund für das Scheitern des master-talk-Vertrags nannte Skorsch, dass zu wenig Zeit für Detailplanung aufgewendet worden sei: "Man ist sofort in die Umsetzung gegangen." Die bisher aufgelaufenen realen Kosten bezifferte Skorsch mit 1,3 Mio. Euro, diese seien vorwiegend für Consulting-Aufträge aufgelaufen.
Als Vorwürfe an master-talk führte Skorsch auch ins Treffen, "dass wir keine Entscheidung treffen konnten", da seitens master-talk wichtige Entscheidungsgrundlagen, beispielsweise Schnittstellen, nicht bereitgestellt worden seien.
Das Verbindungsnetzwerk sei "nur als Technik, aber nicht für die Bandbreiten" zur Verfügung gestanden. Laut Ausschreibung sei das Angebot mit und ohne Verbindungsnetzwerk zu legen gewesen, doch sei offen geblieben, ob dafür das Ministerium zuständig gewesen sei oder ob das Verbindungsnetzwerk Bestandteil des Gesamtnetzwerks sei.
Die Vertragsauflösung veranlasste Rotkreuz- Präsident Fredy Mayer bereits, vor den Konsequenzen zu warnen: "Eine weitere Verzögerung des Projektes könnte einzelne Landesverbände - die ja autonom entscheiden können - zu einem Ausscheren aus der gemeinsamen 'Tetra-Linie' veranlassen."
