Letzte Schonfrist für Strom-Internet
Ein Bescheid des Verkehrsministeriums gegen das Strom-Internet der Linz AG wurde wegen eines Formalfehlers vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben: Bemängelt wurde dabei aber in erster Linie, dass die Auflagen zur Beseitigung von Funkstörungen nicht klar genug formuliert seien, um "im Weg der Zwangsvollstreckung" durchgesetzt zu werden.
"Rechtswidrigkeit des Inhalts"
Die Stadtwerke Linz AG sieht einen "Etappensieg", zumal der Verwaltungsgerichtshof einen Bescheid des Verkehrsministeriums in zweiter Instanz aufgehoben hat. "Wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes" - die Vorschreibungen seien zu wenig konkret und in der Praxis nicht zu erfüllen - habe die Linz AG vom VwGH Recht bekommen, sagte Josef Heinzinger, Direktor der Linz AG, am Dienstag.
Nach einer Unzahl von Messungen, Bescheiden und Einsprüchen war die Linz AG aufgefordert worden, die vielen festgestellten Störungen des Funkverkehrs durch die Powerline-Technologie [Internet aus der Steckdose] abzustellen.
Tatbestand: Störungen
Im Frequenzspektrum zwischen zwei und 30 MHz senden die Powerline-Modems ihre Datenströme parallel und abwechselnd: nämlich über das gesamte Kurzwellen-Spektrum - in Stromnetze, die in der Regel nicht abgeschirmt sind. Die Modems, vor allem aber auch die Signalverstärker [Repeater] der Powerline-Technologie wirken in Verbindung mit ungeschirmten Stromkabeln als Breitband-Sender quer über den Kurzwellenbereich.
Bis zur Unhörbarkeit gestört werden dadurch Frequenzen des Katastrophenfunknetzes von Rotem Kreuz, Bundesheer und Rettungsdiensten, aber auch von internationalen Rundfunkdiensten, Flugfunk und anderen.
Bestimmt bis zur Zwangsvollstreckung
Der Spruch des VwGH ist freilich etwas anders formuliert, als ihn die Linz AG zum Besten gibt.
Die Rechtswidrigkeit des Bescheids besteht laut VwGH darin, dass es das Verkehrsministerium "unterlassen hat, konkrete Maßnahmen im Hinblick auf bestimmte gestörte Anlagen anzuordnen".
Da der "Spruch so bestimmt gefasst werden muss, dass nötigenfalls seine Durchsetzung im Weg der Zwangsvollstreckung möglich ist, erweist sich daher der Spruch als nicht ausreichend bestimmt", lautet die Urteilsbegründung des VwGH.
Konkrete Maßnahmen ...
Das Verkehrsministerium hatte die Linz AG bloß aufgefordert, die Störungen zu beseitigen, es aber verabsäumt, konkrete Maßnahmen zur Störungsbeseitigung anzuordnen, die auch sanktionierbar sind. Inhaltlich wurde durch den VwGH keine der Einwände der Linz AG gegen den Bescheid aufgegriffen.
Durch die Ausführungen des VwGH werde klargestellt, heißt es aus dem Verkehrsministerium, dass Powerline nur so betrieben werden dürfe, dass Störungen nicht möglich seien, selbst dann, wenn keine konkreten Störungen gemeldet wurden, sondern die Behörde ein bestimmtes Störpotenzial feststelle.
... bis zur Abschaltung
Die seit November 2005 regelmäßig erfolgten Messungen der Störungen haben gezeigt, dass sich an der allgemeinen Störungssituation nichts Wesentliches geändert habe.
Ein neuer Bescheid des Ministeriums werde von ähnlichen Vorgaben ausgehen, aber diesmal würden konkrete Maßnahmen angeordnet: von Anordnungen in Bezug auf einzelne gestörte Funkgeräte bis hin zur völligen Abschaltung des Netzes, wenn dieses als Ganzes rechtswidrig betrieben werde.
Der "Etappensieg" der Linz AG sieht so weit eher nach einer Gnadenfrist für einen der letzten Powerline-Provider aus.
Noch eine Klage
Eine parallel laufende Klage der Linz AG gegen den Österreichischen Versuchssenderverband und dessen persönlich haftenden Präsidenten Michael Zwingl wegen Kreditschädigung wurde inzwischen abgewiesen.
Die Messungen der Funkamateure, die im Zivilberuf großteils Nachrichtentechniker sind, hatten den Stein ins Rollen gebracht.
Die Sicht der Broadcaster
Der Dachverband der europäischen Rundfunkanstalten hat im Mai ausdrücklich davor gewarnt, dass Stromnetz-Internet den erfolgreichen Start von Digital Radio Mondiale gefährden könnte. Dieses neue, digitale Radioprotokoll ermöglicht es nach gut achtzig Jahren analogen Sendebetriebs auf Mittel- und Kurzwelle erstmals, Musik in [nahezu] der von UKW gewohnten Qualität zu übertragen.
Von der BBC über die Deutsche Welle bis Radio Kuwait sind an die 100 Rundfunkstationen weltweit in der Umstellung auf die neue Technologie begriffen.
(Erich Moechel)