Powerline bedroht digitales Radio

EBU WARNT
02.05.2006

Der Dachverband der europäischen Rundfunkanstalten warnt davor, dass Stromnetz-Internet den erfolgreichen Start von Digital Radio Mondiale gefährden könnte. Der neue Digitalrundfunk-Standard verspricht eine bessere Tonqualität.

In die Auseinandersetzung um Funkstörungen durch die Powerline-Technologie hat sich nun die European Broadcasting Union [EBU] eingeschaltet.

In einem Brief des Dachverbandes der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an die zuständige Abteilung der EU-Kommission warnt die technische Leitung der EBU davor, dass die Emissionen der Internet-via-Stromnetz-Technik den Durchbruch von Digital Radio Mondiale [DRM] gefährden könnte.

Digital Radio Mondiale

Dieses neue, digitale Radioprotokoll ermöglicht es nach gut achtzig Jahren analogem Sendebetrieb auf Mittel- und Kurzwelle erstmals, Musik in [nahezu] der von UKW gewohnten Qualität zu übertragen.

Von der BBC über die Deutsche Welle bis Radio Kuweit sind an die 100 Rundfunkstationen weltweit in der Umstellung auf die neue Technologie begriffen.

RTL-Radio hat seine angestammte Frequenz 6.095 kHz im 49-Meter-Band bereits von analoger Modulation auf DRM umgestellt.

Breitband-Multiplex zwei bis 30 MHz

Genau dieses Frequenzspektrum zwischen zwei und 30 MHZ aber benutzt die Powerline-Technologie, wie sie etwa von der Linz AG eingesetzt wird.

Die Modems senden ihre Datenströme parallel und abwechselnd über das gesamte Kurzwellen-Spektrum - in Stromnetze, die in der Regel nicht abgeschirmt sind.

Die Modems, vor allem aber auch die Signalverstärker [Repeater] der Powerline-Technologie wirken in Verbindung mit ungeschirmten Stromkabeln als Breitband-Multiplex-Sender quer über den Kurzwellenbereich.

Der Brief der EBU an die EU-Kommission enthält acht vornehmlich technischen Fragen an den zuständigen Direktor rund um Powerline samt einem Verweis auf eine EBU-Publikation zum Thema.

Elektroschaltkasten als Sender

In der vergangenen Woche wurden von Technikern des Verkehrsministeriums erneut Messungen an den Powerline-Installationen der Linz AG vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen durchwegs Störfelder zwischen 50 und 80 Dezibel.

Der bei den Messungen am 24. April stärkste "Sender" nahe dem 31-Meter-Rundfunkband war ein Elektroschaltkasten in der Linzer Rennerstraße, der auf 9.034 kHz mit 69,3 Dezibel die Toleranzgrenze um das 5.904fache überschritt.

Beschwerde gegen Buße

Die Linz AG hat gegen den Bescheid des Verkehrsministeriums, die Störungen abzustellen, Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und hofft auf eine schnelle Entscheidung. Das Ministerium hat mittlerweile begonnen, den rechtsgültigen Bescheid zu exekutieren, und verhängt Bußgelder gegen die Linz AG.

MPEG4-AAC-Audio-Coding

Die DRM-Technologie verwendet für hinreichend gute Empfangsqualität MPEG4-AAC-Audio-Coding, die Signale werden im COFDM-Verfahren [Coded Orthogonal Frequency Division Multiplex] ausgestrahlt. Die Bandbreite pro Radiokanal beträgt dabei bloße 20 kHz.

Die ORF-Tochterfirma ORS hat mit der britischen VT-Communications, die unter anderem das Sendernetz der BBC betreibt, DRM bereits ausführlich getestet.

Das ORS-Sendezentrum in Moosbrunn ist bereits für das neue Weltradio vorbereitet.

(Erich Moechel)