"Das Web wird einfacher und schlauer"

20.05.2006

Nach der Dot.com-Blase und diversen Patentstreitigkeiten ist WWW-Wegbereiter Tim Berners Lee, was die Entwicklung des World Wide Web angeht, wieder optimistisch. Sorge bereiten ihm allerdings separatistische Bewegungen großer US-Provider.

"Persönlich glaube ich, dass jetzt vieles zusammenkommt. Das zu sehen, ist sehr befriedigend. Wir bewegen uns in einen anderen Modus mit etablierter Technologie. Derzeit bin ich sehr optimistisch", so Berners Lee in einem Interview im Vorfeld der World-Wide-Web-Konferenz, die am Montag in Edinburgh [Schottland] beginnt.

Es bewegt sich was

Nach vielen Jahren würden neue Technologien das Web schlauer und leichter bedienbar machen. Das WWW stehe an der Schwelle zum nächsten großen Sprung, um eine offene Umgebung für Zusammenarbeit zu werden, so Berners Lee weiter.

Nach der Dot.com-Blase und deren Platzen gebe es nun wieder viele neue Firmen, die auch wieder Unterstützung von Investoren erhalten würden. Er habe das Gefühl, dass sich wieder mehr bewege.

Berners Lee ist Vorsitzender des World Wide Web Consortiums [W3C] und lehrt am Massachusetts Institute of Technology [MIT]. In den 80ern entwickelte er auf der Basis von Hypertext das World Wide Web, später auch den ersten Browser.

Keine Inselbildung im WWW

Berners Lee arbeitet derzeit daran, dass Inhalte einer Website auch von Computern leicht erkannt werden können, etwa durch SPARQL. Weitere Ziele sind unter anderem das Web auf mobile Geräte auszuweiten und auch via Sprache und Hören zugänglich zu machen.

Allerdings ist er kein Fan von eigenen Domains für mobile Geräte, wie etwa die neue ".mobi", die quasi in sich einen geschlossenen Raum oder Insel innerhalb des WWW bilden.

Er möchte, dass Websites und Geräte von sich schlau genug sind, um festzustellen, wie man Informationen dem Anwender am besten präsentieren kann.

SPARQL ist ein Protokoll und eine Abfragesprache für das Semantische Web.

Alle Daten sind gleich

Auch der nun eingeschlagene Weg einiger US-Provider, die Daten filtern, um bestimmten Inhalten Priorität einzuräumen und dafür extra Geld verlangen, missfällt Berners Lee. Die Öffentlichkeit werde ein offenes Internet fordern ist er sich sicher.

"Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass wir, wenn wir uns ins Internet einloggen, jede Internet-Anwendung benutzen können, ohne darauf achten zu müssen und ohne Benachteiligung dadurch wer wir sind oder was wir tun", so Berners Lee.

Über die Neutralität des Internets wird derzeit in den USA heftig debattiert. Telekoms und Kabelnetzbetreiber wollen von Content-Anbietern Geld für die Lieferung von Inhalten an deren Kunden. Für Berners-Lee wäre das das Ende des Internets.

Auf seinem Weblog spricht sich Berners Lee für das demokratische Prinzip des Internets und seiner Erfinder aus, die sich dafür entschieden haben, dass alle Datenpakete gleich und dementsprechend zu behandeln sind.

(Reuters)