Behörden ab 1. Jänner barrierefrei

26.11.2007

Der Countdown läuft: Bis Anfang 2008 müssen alle österreichischen Behörden-Websites barrierefrei programmiert sein. Das Sozialministerium lud daher am Montag gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt zum "Tag der Barrierefreiheit im Internet".

Für die österreichischen Behörden-Websites tickt die Uhr. Laut E-Government-Gesetz müssen spätestens bis 1. Jänner 2008 alle behördlichen Internet-Auftritte in Österreich für behinderte Menschen uneingeschränkt zugänglich sein.

"Im öffentlichen Raum ist es inzwischen eine Selbstverständlichkeit, dass sicher jeder barrierefrei bewegen kann", so Sozialminister Erwin Buchinger [SPÖ]. Man denke da etwa an Handläufe und abgeschrägte Gehsteigkanten. "Das Thema Barrierefreiheit im Internet ist jedoch nicht sofort sichtbar, sondern erschließt sich erst, wenn man sich damit näher beschäftigt. Unsere Aufgabe ist es daher zu sensibilieren."

"Der Webauftritt ist quasi eine Visitenkarte. Daher ist die Zugänglichkeit von öffentlichen Webseiten ein wichtiges Qualitätskriterium", so auch Staatssekretärin Heidrun Silhavy [SPÖ]. Jeder solle uneingeschränkt auf Informationen im Internet zugreifen können.

WAI-Richtlinien

Bereits seit 1999 gibt es Richtlinien zur barrierefreien Gestaltung von Websites, die für jeden Benutzer lesbar und bedienbar sind. Die Web Content Accessibility Guidelines [WCAG] der Web Accessibility Initiative [WAI] legen fest, wie eine Website aufgebaut sein muss, damit sie für jedermann zugänglich ist. Design-Einschränkungen gibt es dabei nicht.

Bei den WAI-Empfehlungen unterscheidet man zwischen drei Konformitätsstufen: die Minimalerfüllung "A", die nächste Priorität "Double-A" und der höchstmögliche Standard "Triple-A".

Behörden-Websites im Endspurt

Die Websites der Ministerien wurden bereits nach den offiziellen Accessibility-Standards der WAI überprüft und kommen der Barrierefreiheit laut Buchinger schon sehr gut nach. Aber auch hier bestehe natürlich noch Nachholbedarf, räumt der Sozialminister ein.

Handlungsbedarf bei privaten Unternehmen

Verstärkt müssten sich jedoch die vielen privaten Unternehmen noch diesem Thema widmen, so Buchinger weiter.

Dabei wolle man mit Vorurteilen aufräumen, so Silhavy. "Zahlreiche Barrieren sind nicht böse Absicht, sondern resultieren aus Unwissenheit." Barrierefreies Gestalten der Website sei nicht teurer und müsse auch nicht langweilig oder gar hässlich sein, so die Staatssekretärin. Auch sei keine eigenständige Version, die extra gewartet werden müsse, nötig.

Ein Vorteil von barrierefreien Webangeboten liege zum Beispiel in der besseren Kompatibilität mit mobilen Anwendungen.

Uneingeschränkter Zugang auch bei Privaten

Die Verplichtung zur Barrierefreiheit erstreckt sich nicht nur auf öffentliche Websites. Das Behindertengleichstellungsgesetz schreibt etwa ein Diskriminierungsverbot auch für "Systeme der Informationsverarbeitung" vor.

Positivbeispiel: Help.gv.at

Mit Help.gv.at konnte im letzten Jahr erstmals eine österreichische Behörden-Website den "BIENE"-Award, eine Prämierung der besten deutschsprachigen barrierefreien Websites, einheimsen.

"Barrierefrei ist ein Prozess"

Barrierefreiheit sei ein Prozess und keine einmalige Aktion, sagte WAI-Europa-Koordinator Shadi Abou-Zahra von der Standardorganisation W3C, die technische Standards für das Internet entwickelt.

Drei Richtlinien bilden die Basis

Verschiedene technische Standards bildeten dabei die Basis für den uneingeschränkten Zugang. Neben den Barrierefrei-Richtlinien für Inhalte [WCAG] legen die Authoring Tool Accessibility Guidelines [ATAG] fest, wie Autorenwerkzeuge wie beispielsweise Blogs, Wikis und Redaktionssysteme barrierefrei aufgebaut sein müssen.

Die User Agent Accessibility Guidelines [UAAG] legen Standards für beispielsweise Browser fest, so müssen unter anderem Hilfsmittel bei der Barrierefrei-Darstellung untersützt werden.

Ihre alltäglichen Geschäfte wie den Bahnticketkauf, Überweisungen und Amtswege können Behinderte derzeit nur mit Einschränkungen online erledigen.

Mit einer Reihe von Online-Tools wie Watchfire WebXM, WAVE und Cynthia Says kann man die Barrierefreiheit seiner Website überprüfen lassen.

Anlaufstellen für Beratung

Entscheidet sich ein Unternehmen für den Schritt in Richtung Accessibility, stehen verschiedene Vereine und Organisation beratend zur Seite.

Die österreichweite Plattform "accessible media - Zugang für alle" ist etwa ein Netzwerk von Experten zum Thema barrierefreies Internet, die Relaunches in Richtung bessere Accessibility beraten, begleiten und begutachten.

Auch die Österreichische Computergesellschaft [OCG] vermittelt Kontakt zu Experten zum Thema Barrierefreiheit.

Das Servicezentrum ÖGS.barrierefrei bietet die Erstellung von Gebärdenvideos an. Unternehmen können ihre Texte einsenden und diese in Gebärde übersetzen und als Video in die Website einbetten lassen. Gleichzeitig wird das Text-Layout barrierefrei angepasst.

Die erste Probeseite wird dabei kostenlos umgesetzt. Zu den bisherigen Auftraggebern zählen unter anderem die Uni Wien, das Bundeskanzleramt und einige Ministerien.

(futurezone | Beate Zaussinger)