Neun Gründe gegen die Mastensteuer
Nachdem Vizekanzler Hubert Gorbach [BZÖ] bezüglich des Stopps der Handymasten-Steuer beim Koalitionspartner ÖVP abgeblitzt ist, setzt der Infrastrukturminister nun auf die EU.
Erst am Samstag betonte er, dass das niederösterreichische Sendeanlagenabgabegesetz vor dem Europäischen Gerichtshof [EuGH] nicht standhalten werde.
Nun veröffentlichte er "neun Gründe" zur Rücknahme der Steuer. Die Hauptaussage: Telefonieren werde dadurch teurer werden.
In Niederösterreich fordert man unterdessen eine Versachlichung der Handymasten-Debatte. "Es ist höchste Zeit, wieder auf die sachliche Ebene zurückzukehren", so Niederösterreichs Umweltlandsrat Josef Plank [ÖVP] fest. Die "überaus emotionell geführte Diskussion" führe zu einer Verunsicherung der Bevölkerung.
Vergangenen Dienstag hat die Regierung auf einen Einspruch gegen die niederösterreichische Handymasten-Steuer verzichtet.

Verfassungsrechtlich bedenklich
Laut Gorbach ist das Sendeanlagenabgabegesetz "verfassungsrechtlich bedenklich", weil es die Interessen des Bundesgesetzgebers zum Mobilfunkausbau konterkariere, widerspricht dem europäischen Gemeinschaftsrecht, weil es bestimmte Sendeanlagen von der Abgabenpflicht ohne erkennbare sachliche Rechtfertigung ausschließe, belastet bereits getätigte Infrastrukturinvestitionen und ignoriert die technische Machbarkeit der angepeilten Zusammenlegung von Standorten [Site-Sharing].
"Je mehr Betreiber einen Maststandort gemeinsam nutzen, umso höher muss der Mast sein. Solche hohen 'Super-Standorte' stehen häufig im Konflikt mit dem Schutz des Ortsbildes", kritisiert Gorbach.
Weiters, meint er, würde die Abgabe trotz teilweiser Kompensation durch Site-Sharing zu Mehrkosten für die Mobilfunkbetreiber führen. Die der Lenkungsabgabe zu Grunde liegenden ökonomischen Untersuchungen würden wesentliche Kostenaspekte - insbesondere Abbaukosten für bestehende Infrastruktur - ausklammern.
Außerdem würden die mit der Abgabe verbundenen höheren Kosten zu einer stärkeren Erhöhung der Tarife führen und damit "zur Verschlechterung der Standortattraktivität" Österreichs, meint der Infrastrukturminister.

Mobilfunker "existenziell bedroht"
Allein für Niederösterreich sei mit jährlichen Mehrkosten in der Höhe von 46 bis 57 Mio. Euro zu rechnen. Die kumulierten Mehrkosten bei einer Einhebung der Abgabe über vier Jahre beliefen sich auf 154 Mio. bis 194 Mio. Euro.
Hochrechnungen für ganz Österreich würden eine entsprechende jährliche Mehrbelastung in Höhe von 238 bis 301 Mio. Euro, auf vier Jahre gerechnet 800 Mio. bis über eine Mrd. Euro für die österreichische Mobilfunkbranche ergeben.
Eine Studie zeige, dass die entstehende Kostenbelastung durch einzelne Mobilfunkbetreiber nicht getragen werden könne. Eine Hochrechnung auf Österreich zeige, dass die Abgabe die Betriebsgewinne [EBIT] der Unternehmen um bis zu 360 Prozent übersteigen würde.
Die Wirtschaftlichkeit einzelner Mobilfunkunternehmen würde dadurch "existenziell bedroht", glaubt Gorbach. Die Folge wären Sparmaßnahmen aller Betreiber, Sendemasten würden abgebaut und die Mobilfunkversorgung ländlicher Gebiete verschlechtert.
Im Gegensatz zu Gorbach glaubt das Land Niederösterreich, dass die Abgabe in "vollem Einklang mit der Bundesverfassung" steht und auch EU-konform ist. Deklariertes Ziel ist, die gemeinsame Nutzung von zwei Dritteln aller Sendeanlagen zu erreichen.

Bündelung, statt Abkassieren
Niederösterreichs Umweltlandsrat Josef Plank fordert unterdessen die hoch kochenden Emotionen wieder abzukühlen: "Vor allem die Ankündigung der Mobilfunkbetreiber, dass aus Kostengründen die Netzversorgung in den ländlichen Gebieten leiden würde, gießt weiter Öl ins Feuer - zumal laut Aussagen der Netzbetreiber am Land eine Bündelung der Masten nicht möglich sei."
Es sei jedoch eine Tatsache, dass in den ländlichen Gebieten Niederösterreichs 78 Prozent der Funkmasten allein stehen, also nur jeweils einem Netzbetreiber dienen. "Da ist es wohl an der Zeit, eine Bündelung und Konzentration auf gemeinsame Standorte zu fordern, ohne dass die Netzversorgung darunter leiden muss", so Plank.
Anstatt darüber nachzudenken, wie die Preise erhöht und die Kunden zur Kassa gebeten werden könnten, sollten die Netzbetreiber endlich mit einer umweltgerechten, das Landschafts- und Ortsbild schonenden Bündelung der Funkstationen beginnen, forderte der Landesrat.
So würden etwa im Bezirk Gmünd nur 19 von insgesamt 86 Mastenstandorten gemeinsam genutzt: "Wildwuchs in 78 Prozent der Fälle."
