YLine-Chef Böhm gibt nicht auf
Das Bieterkonsortium um den Internet-Unternehmer Werner Böhm [YLine] und den steirischen Industriellen Ernst Hofmann sieht sich bei Libro noch immer nicht ganz aus dem Rennen.
"Man kann ein Wirtschaftsgut nur ein Mal verkaufen" kommentierte Böhm heute in einem kurzfristig angesetzten Pressegespräch die vormittägige Übertragung der Mehrheit der vor dem Ausgleich stehenden Libro-Kette an den Wirtschaftstreuhänder Gottwald Kranebitter [KPMG].
Das Konsortium pochte heute weiter auf seinen "aufrechten Vertrag". "Den Rest müssen die Anwälte klären", so Böhm.
Keine Rede von Klage
Noch gestern um Mitternacht hatte das Konsortium [das in einem
"Blitzdeal" vorigen Freitag selber unter Vorbehalt eines Banken-Okay
die Libro-Mehrheit übernommen hatte] den Libro- Gläubigerbanken nach
deren "Ausgleichsbeschluss" mit rechtlichen Schritten gedroht. Von
"Klage" wollte Böhm heute allerdings nicht reden. "Wir werden sicher
nicht klagen, ohne zu reden", beschwichtigte auch
Konsortiumsmitglied Friedrich Scheck.

Unterschiedliche Rechtsauffassungen
"Wir sehen das Projekt noch nicht als beendet", so Böhm. Man sei "sicher, dass die Eigentümer und die Banken sich etwas überlegt haben, und darauf warten wir jetzt", so der YLine-Chef.
Nach Ansicht von Böhm & Co tritt die Closingbestimmung im eigenen Vertrag erst mit 10. Juli in Kraft, daher sei der Vertrag nach wie vor aufrecht.
"Das ist keine Sparbuchtransaktion"
In der strittigen Frage der Bankgarantie sieht sich das
Konsortium weiter im Recht. Da die Finanzierung der Libro-Sanierung
über eine schrittweise Kapitalerhöhung erfolgen sollte, sei die
Vorlage einer Bankgarantie von vornherein nicht möglich gewesen.
"Das ist keine Sparbuchtransaktion", so Scheck. Man habe den Banken
gestern eine genaue Auflistung zukommen lassen, wer wie viel in
welcher Frist zeichnen werde.

Kleinaktionäre zahlen drauf
Die Libro-Kleinaktionäre können nach der für morgen angekündigten Anmeldung des Ausgleichs "nur mehr weinen", sagte der Vorsitzende des Interessenverbandes für Kleinanleger [IVA], Wilhelm Rasinger, heute Nachmittag am Rande der Telekom-Austria-Hauptversammlung.
Die Kleinaktionäre müssten darauf "vorbereitet sein, durch den Rost zu fallen".
Die einzige Hoffnung, die noch bestehe, sei eine künftige Kapitalerhöhung bei Libro, doch dürfte die Motivation von Kleinaktionären zum Mitziehen nicht allzu hoch sein, meint Rasinger.
Er rechne vielmehr mit einem Kapitalschnitt bei Libro. Dann wäre die Libro-Aktie nur mehr ein "historisches Wertpapier" und eine "Erinnerung an ein trauriges Kapitel der österreichischen Börsenkultur". Den "Rettberg-Aktien", also dem Aktienpaket, das der Ex-Konzernchef selber gehalten hat, blühe dasselbe Schicksal. Doch da Rettberg dies selbst verantwortet habe, halte sich sein Mitleid in Grenzen, so Rasinger.

Telekom Austria als Retter?
Einzig die Telekom Austria, die bis heute Vormittag 25 Prozent und eine Aktie an Libro hielt, könne das Schicksal von Libro noch aufhalten und gegen einen vollständigen Kapitalschnitt stimmen, glaubt Rasinger.
Im Libro-Gläubigerbankenkreis hatte es allerdings zuvor geheißen, dass mit der heutigen Übertragung der Libro-Aktienmehrheit an den Sanierungsbeauftragten und Treuhänder Gottwald Kranebitter [KPMG] alle Rechte und Pflichten an den neuen "Mehrheitsaktionär" übergegangen seien.
