Lion.cc steht vor dem Aus
Laut "profil" steigt die Verlagsgruppe WAZ ["Westdeutsche Allgemeine Zeitung"] aus der Libro-Tochter Lion.cc wieder aus. WAZ-Manager Bernd Nacke bestätigte den bevorstehenden Ausstieg indirekt: "Das ist eine von mehreren Möglichkeiten."
"Format" hingegen berichtet, dass die Gesamtverbindlichkeiten des schwer angeschlagenen Libro deutlich höher als bisher eingeschätzt - nämlich 3,8 statt der bisher etwa 3 Millarden ATS - sind.
Vorwürfe der WAZ an Lion-Management
In einem Anwaltsbrief wird dem Lion-Managment vorgeworfen, die
230 Millionen ATS, die die WAZ insgesamt für den 35prozentigen
Anteil an Lion.cc bezahlt hat, in die Muttergesellschaft verschoben
zu haben. Und auch 124 Millionen Schilling, die Lion für den Verkauf
der Online-Kunden an die Telekom Austria erzielte, sollen direkt an
Libro weitergeleitet worden sein. In dem Schreiben behauptet die
WAZ, von diesen Finanztranskationen nicht informiert gewesen zu
sein.

WAZ sagt Tschüß
Aufgrund der Tatsache, dass sie von den Finanztranskationen nicht informiert wurde, droht die WAZ im Anwalts-Brief dem Lion-Management mit einer Haftungsklage.
Die ist aber schon wieder vom Tisch. Denn am Donnerstag vergangener Woche war außerplanmäßig eine Lion-Aufsichtsratsitzung einberufen worden.
Ergebnis: Die WAZ verabschiedet sich nach einen halben Jahr aus ihrem Lion-Abenteuer und zieht den von ihr eingesetzten Vorstand Reinhard Werbeck wieder ab.
WAZ schreibt 230 Millionen ATS Investitionen ab
Durch ihren Ausstieg erspart sich die WAZ die weitere Finanzierung des kostenintensiven E-Commerce-Angebotes bei Lion. Zu den 230 Millionen ATS, die bereits geflossen sind und die die WAZ nun abschreiben muss, hätten weitere 270 Millionen ATS an Cash folgen sollen, sowie 500 Millionen ATS in Form von WAZ-Werbeleisten.
800 Millionen ATS mehr Schulden
Laut dem von "Format" zitierten Gutachten geht Roland Berger per Ende Februar von Gesamtverbindlichkeiten von etwa 3,8 Milliarden ATS [276 Mrd. Euro] aus - bisher war in der Öffentlichkeit mit etwa 2,3 Milliarden ATS Bankverbindlichkeiten und 700 Millionen ATS Lieferantenschulden gerechnet worden.
Angesichts der bis Ende Mai weiter aufgelaufenen Verluste sei für heuer ein Jahresverlust von 450 Mill. S "wahrscheinlich", schreibt das Magazin unter Berufung auf das Papier.
"Der Konkurs wird für alle Beteiligten wahrscheinlich weitgehend zum Totalverlust führen", heißt es in dem Gutachten. Für einen Ausgleich [40 Prozent] wäre die Zufuhr von 2 Milliarden ATS nötig.