UMTS ohne Kunden und Gewinne
Die mobile Kommunikation der dritten Generation [3G], die mit der weltweiten Inbetriebnahme der UMTS-Netze beginnen soll, hat ein Problem: Niemand weiß, wozu sie massenhaft verwendet werden soll und wie man damit Geld verdienen könnte.
Auf einer Konferenz der International Telecommunications Union [ITU] in Hongkong, an der alle Global Player der mobilen Kommukation teilnahmen, wurde dieses Debakel in ungewohnter Deutlichkeit auch von vielen Unternehmen, deren Zukunft davon abhängt, beim Namen genannt.
"Es gibt keine 'Killer Application'", brachte Bo Hedfors, Präsident von Motorolas Netzwerk-Abteilung, das Problem auf den Punkt.

Fantasien
Statt einer "Killer Application", also einer Anwendung, die die Konsumenten in Scharen zu Käufern neuer 3G-Handys und Kunden der entsprechenden Dienste macht, gibt es derzeit nur eine Reihe von geplanten [oder erst ansatzweise realisierten] Diensten, die die Fantasien der beteiligten Unternehmen und der Anleger beflügeln.
Zu diesen Diensten gehören Lokalisierungs-Services, wie sie Telekom Austria anbietet ["MobilGuide"], Musik oder Videos auf dem Handy, M-Commerce und Spiele.
Allerdings besteht bisher nach keinem der Dienste eine rasante Nachfrage, womit das zukünftige Geschäftsmodel der Telekoms auf wackligen Füßen steht - dabei sind die Investitionen in die UMTS-Netze jetzt schon Schwindel erregend hoch.
Momentan stehen als Gewinner des UMTS-Hypes lediglich die Netzwerkausrüster fest.

Vorbild Japan
Die trostlose Situation der 3G-Anbieter kennt allerdings eine Ausnahme: das japanische "iMode" des Betreibers NTT DoCoMo. Der dortige Erfolg ist aber nicht ohne weiteres auf andere Länder übertragbar, alleine weil mehr als ein Drittel der iMode-Nutzer über das Service erstmals online sind und das "normale" Internet noch nicht kannten.
Außerdem sind vor allem Teens und Twens iMode-Kunden, die zukünftigen europäischen UMTS-Anbieter müssen aber allein wegen der horrenden Investitionen eine ältere, zahlungskräftigere Klientel für ihre Dienste gewinnen.

Inhalt ist König
Auf der ITU-Konferenz wurde auch über das völlig ungeklärte Verhältnis zwischen Anbietern von Inhalten und den Netzwerkbetreibern diskutiert.
Die UMTS-Betreiber haben sich dabei mit ihren Investitionen in eine Abhängigkeit von Musik-, Video-, und Spiele-Anbietern laviert, ohne dass entsprechende Geschäftsmodelle ausformuliert wären.
So sind sie auf die Content-Besitzer angewiesen, da die 3G-Netze nur über attraktive Inhalte zu vermarkten sind, aber wie die Dienstleistungen abgerechnet werden könnten, ist völlig unklar - vor allem weil die Akzeptanz der zukünftigen Kunden für denkbare Bezahlmodelle unbekannt ist.
Nach dem iMode-Vorbild setzen die Telekoms daher auf Inhalts-"Pakete", die nach monatlichen Zahlungen zur Verfügung gestellt werden. Ob sich dieses Modell allerdings außerhalb Japans rechnet, ist nicht absehbar: Sogar im "richtigen" Internet beginnt die Musikindustrie gerade erst mit entsprechenden Experimenten - und ob diese sich rechnen, steht in den Sternen.
