Japans NTT greift WAP an
Nachdem die Mobilfunktochter des japanischen Exmonopolisten, NTT DoCoMo, in den letzten Monaten schon durch ihre internationale Expansionsstrategie aufgefallen war, bestätigen sich spätestens jetzt die Vermutungen, dass das Unternehmen auch seinen erfolgreichen mobilen Netzzugang "iMode" weltweit exportieren will und damit WAP angreift.
Zusammen mit der niederländische KPN will NTT DoCoMo ein europäisches "Portal" für mobile Internet-Dienstleistungen gründen und dabei sowohl WAP- als auch iMode-Dienste anbieten.
Das mobile "Portal" soll 2001 zunächst in Deutschland, den Niederlanden und in Belgien eingeführt werden.
Gegenwärtig ist der japanische Konzern mit rund 15 Prozent an der KPN Mobile, dem Mobilfunkarm der KPN Telecom, beteiligt. Die beiden Unternehmen sind außerdem Partner im Rennen um europäische UMTS-Lizenzen.

Content-Deal
Schon nach dem Bekantwerden des Joint Ventures zwischen AOL und NTT DoCoMo am Mittwoch erhärtete sich der Verdacht, dass iMode ein Exportgut werden soll.
Zum KPN-Deal passend wurden jetzt öffentliche Mutmaßungen über eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit AOL auf Europa gemacht.
"Wir erwägen auch Europa. Das ist wahr", sagte Kimio Tani, Vizepräsident bei NTT und zuständig für die Konzernstrategie, am Donnerstag auf einer Mobilfunkkonferenz in London.
Die beiden Unternehmen hatten zuvor mitgeteilt, künftig in Japan gemeinsam mobile Internet-Dienstleistungen entwickeln und vermarkten zu wollen.
AOL und NTT hatten am Mittwoch mitgeteilt, dass NTT sich mit 42,3 Prozent an der japanischen AOL-Tochter AOL Japan beteiligt. Zudem werde der japanische Mobilfunkkonzern umgerechnet rund 110 Millionen Euro in bar in das Projekt investieren.

Sumo vs. Zwerg
Mit den letzten Schritten NTT DoCoMos bekommt WAP eine fast unschlagbare Konkurrenz.
Denn im Gegensatz zu WAP, das sich in Europa nur langsam entwickelt, hat iMode in Japan einen so starken Zulauf, dass teilweise die Auslieferung von neuen Handys gedrosselt werden musste, um das Netz nicht zu überlasten.
iMode basiert auf der HTML-Version CHTML [Compact Hypertext Markup Language] und läuft bisher mit einer Übertragungsrate von 9,6 kb pro Sekunde.
Trotz dieser langsamen Datenübertragung konnte NTT DoCoMo seit der Einführung des Systems im Februar 1999 mehr als zehn Millionen Kunden gewinnen.

Vorsprung durch Technik
Zusammen mit seinen Partnern KPN und AOL/Time-Warner kann NTT ab 2001 in Europa seinen Entwicklungsvorsprung voll ausspielen.
NTT betreibt in Japan nämlich nicht nur die iMode-Infrastruktur, sondern auch einen Großteil der Dienste wie E-Banking, Nachrichten, E-Commerce-Angebote und zahlreiche Gadget-Funktionen wie Downloads von Handy-Spielen.
Durch die extrem dynamische Entwicklung in Japan dürfte NTT der Konkurrenz aus Europa und den USA auch künftig einige Erfahrungsschritte voraus sein: So werden beispielsweise noch in diesem Jahr die Hälfte aller neuen japanischen Handys Farbdisplays besitzen.