Online-Nachschlagewerk Wikipedia boomt
Das Wort "Wiki" kommt aus Hawaii und heißt schnell.
Diesen Anspruch hat die Internet-Enzyklopädie Wikipedia eingelöst: In nur vier Jahren hat das kostenlose Online-Nachschlagewerk das Netz erobert. Weltweit bringt es Wikipedia in mehr als 60 Sprachen auf über zwei Millionen Einträge.
Jetzt will die Wiki-Gemeinde von Donnerstag bis Sonntag [4. bis 7. August] in Frankfurt auf ihrer ersten internationalen Konferenz die Zukunft erörtern.
Neben Software-Fragen wird es dabei auch um die Frage der Zuverlässigkeit der Artikel gehen, die von sehr unterschiedlicher Qualität sein können. "Wikipedia sieht sich global in erster Linie der Neutralität verpflichtet", sagt der Vater der Enzyklopädie, Jimmy Wales, der ebenfalls nach Frankfurt gekommen ist.
Die Philosophie des 38-jährigen Amerikaners aus Florida ist einfach: Informationen sollen für alle frei zugänglich sein, und alle Internet-Nutzer können bei der Enzyklopädie mitmachen. Jeder Artikel oder Eintrag kann von anderen verbessert oder erweitert werden.
Wikimedia-Stiftung seit 2003
Im Netz kann zugleich immer festgestellt werden, wie und von wem
ein Artikel verändert wurde. Wales hat sich bei der Gründung von
Wikipedia von der freien Softwarebewegung inspirieren lassen. Die
Wiki-Software wurde bereits Mitte der 90er Jahre entwickelt. Zur
weltweiten Verbreitung seiner Idee rief Wales 2003 die
Wikimedia-Stiftung ins Leben.
WikipediaBunte Community
Die deutsche Wikipedia-Community, zweitgrößte nach den USA, ist bunt. "Wir haben 13-Jährige genauso wie 80-Jährige, die für uns gearbeitet haben", sagt Kurt Jansson, der 28 Jahre alte Vorsitzende des deutschen Fördervereins.
Überdurchschnittlich viele Beiträge kommen jedoch von Studenten. Der Altersdurchschnitt liege bei etwa 30 Jahren, schätzt Jansson, der Soziologie in Berlin studiert. Dort kommen regelmäßig etwa 20 Wikipedianer zu einem Stammtisch zusammen.
Bei allem idealistischen Anspruch kommt aber auch Wikipedia nicht ohne Kontrolle aus. In Deutschland gibt es um die 160 Administratoren, die Einträge aus dem Web entfernen können. Immer wieder gibt es Scherzbolde, die Artikel erfinden. Dann gibt es Artikel, die wegen fehlender Substanz jeder zur Diskussion stellen kann.
Keine Eigen-PR
Täglich kommen auf Deutsch 400 neue Artikel dazu. Und jeden Tag
verschwinden wieder 60 aus dem Web. Oft gibt es Leute, die Einträge
über sich selbst anfertigten, wie Jansson berichtet. Doch solche PR
in eigener Sache habe keine Chance: Ob jemand zum Beispiel als
Schriftsteller bedeutend sei oder nicht, das werde immer durch
unabhängige Quellen abgesichert.
Encarta auf den Spuren von WikipediaFreiwillige verwalten Wikipedia
Die gesamte Verwaltung von Wikipedia ist Sache von Freiwilligen. "Es ist erstaunlich, dass wir sogar für eher langweilige Jobs genug Leute finden", wundert sich Jansson. Der gemeinnützige deutsche Förderverein finanziert sich nach eigenen Angaben - wie auch die gesamte internationale Wikipedia-Bewegung - nur durch Spenden.
Vor allem die Mitglieder geben Geld, das wiederum der technischen Ausstattung von Wikipedia zugute kommt. In Florida verfügt die Enzyklopädie, die auf Einnahmen durch Online-Werbung verzichtet, über fast 100 Server.
