24.03.2005

E-CARD

Das Ärzte-Intranet in der Kritik

Die Ärztekammer und der Sozialversicherungsverband haben am Donnerstag betont, dass sie an ihren Plänen für die Einrichtung eines zentralen "Peering Point" für alle 14.000 österreichischen Arztpraxen festhalten würden.

Die Kritiker aber mehren sich. Nach dem Verband der Medizin-Softwarehersteller und der ARGE Daten kritisiert auch die Vereinigung der Internet-Provider Österreichs, wie das Projekt angegangen wurde. Mit der Telekom Austria sowie der UTA sind nämlich nur die Nummern eins und zwei auf dem Leitungsmarkt als Provider des Netzwerks zugelassen.

Jeder Arzt, der in seiner Praxis die E-Card verwenden will, muss sich in Zukunft an dieses Netzwerk anschließen, das mit der erklärten Absicht, Gewinne zu machen, von Ärztekammer und Hauptverband betrieben wird.

Hinter der Bezeichnung "Peering Point" verbirgt sich nämlich, dass es sich weniger um einen Punkt als um ein komplexes, geschlossenes Netzwerk handelt, dessen Schaltzentrale alle Datenflüsse kontrolliert.

Das heißt, in Zukunft läuft der E-Mail- und WWW-Verkehr aus allen Arztpraxen Österreichs über einen von Sozialversicherung und Ärztekammer betriebenen Kontrollpunkt - das kritisiert die ARGE Daten als "Big Brother"-Struktur, da Sozialversicherung und Ärztekammer nun die Hüter des gesamten Datenverkehrs von 14.000 Arztpraxen werden.

In den Unterlagen der Projektgruppe E-Card wird "Content Scanning des Datenverkehrs" explizit als eine der Aufgaben des "Peering Point" angeführt.

Die Netzstruktur

Zentrales Routing, ein Nameserver, der allen 14.000 angeschlossenen Praxen netzinterne IP-Adressen zuweist, zwei Reihen von Firewalls - es ist ein Intranet. Und wie in einem Firmennetz werden an den Firewalls Paketfilter betrieben, um Viren und Spam auszusondern, der Internet-Verkehr der Arztpraxen wird ebenfalls gefiltert, Logfiles werden geführt.

Aufteilungsschlüssel UTA-Telekom

Die ISPA wiederum sieht eine drohende Umverteilung von den Kleinbetrieben zu den beiden Großprovidern. Da praktisch alle Arztpraxen bereits über Internet-Anschlüsse verfügten, würde ein Wechsel zu den Großen notwendig, nur um beim Projekt E-Card überhaupt dabei zu sein.

Dass sich Kleinstbetriebe wie Arztpraxen auf Dauer zwei Internet-Anschlüsse leisten würden, sei ja wohl nicht zu erwarten, sagte Kurt Einzinger von der ISPA gegenüber futurezone.ORF.at.

Wenn der öffentliche Bereich keine Wahl des Providers mehr zulassen wolle, sei das sehr problematisch, die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Vorhabens komme damit aufs Tapet.

Umverteilung bei Medizin-Software

Am heftigsten protestiert der vor wenigen Tagen gegründete Verband der Hersteller von Medizin-Software [ÖMS]. Nach eigenen Angaben vertritt der Verband derzeit 16 Unternehmen, die 70 Labors, 90 Krankenhäuser und 7.000 Ordinationen mit Software versorgen.

Diese Unternehmen sehen sich nun mit der Aussicht konfrontiert, dass sie den Zugang zu immer mehr Kunden für Software-Updates und Wartungsarbeiten verlieren werden. Die "Peering Point"-Betreiber haben bereits angekündigt, an den Firewalls die Ports für verschiedene andere Internet-Dienste aus Sicherheitsgründen zu sperren. Voice-over-IP-Telefonie wird in diesem von TA und UTA versorgten Netz zum Beispiel nicht möglich sein.

Ein auf der Website der Ärztekammer Niederösterreich erschienener Artikel schildert auf anschauliche Weise, wie das Geschäft mit dem "Peering Point" zwischen Sozialversicherung und Ärztekammer ausgehandelt wurde.